Wo finde ich Hilfe, wenn mein Kind Autismus hat?

Foto von Eltern in der Sprechstunde bei einer Ärztin

Wenn bei einem Kind Autismus festgestellt wird, haben die Eltern oft viele Fragen. Zum Beispiel: Welche Behandlungen und Hilfen im Alltag gibt es? An wen kann man sich wenden? Und wer trägt die Kosten?

Bei den verschiedenen Anlaufstellen und Hilfen den Überblick zu behalten, ist nicht immer leicht. Das Versorgungsangebot kann sich je nach Region unterscheiden. Ähnliche Anlaufstellen heißen zum Teil auch unterschiedlich. Welche Stelle die richtige ist, hängt unter anderem davon ab,

  • wie alt das Kind ist,
  • welche Einschränkungen und weiteren Erkrankungen es hat und
  • in welchen Bereichen das Kind und seine Familie Unterstützung benötigen.

Bei der Suche nach den passenden Stellen in der eigenen Region kann man sich beispielsweise in der Kinderarztpraxis, einer Frühförderstelle oder beim Sozialamt beraten lassen. Beim Sozialamt oder Jugendamt wird außerdem die sogenannte Eingliederungshilfe beantragt. Diese Sozialleistung bezahlt die meisten Behandlungen und Unterstützungsangebote.

Dieser Text gibt einen Überblick über verschiedene Anlaufstellen. In der Broschüre „Wer hilft bei Autismus?“ sind diese ausführlicher beschrieben.

Was sind erste Anlaufstellen?

Die Kinder- und Jugendarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle für Eltern und ihre Kinder. Die Ärztin oder der Arzt untersucht regelmäßig, wie sich das Kind entwickelt und ob es noch andere gesundheitliche Probleme hat. Sie oder er kann auch an weitere Fachleute überweisen, etwa wenn ein Kind eine besondere Untersuchung braucht.

Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle für Erwachsene – in einigen Regionen und je nach Alter aber auch für Kinder und Jugendliche. Wenn nötig, überweist die Hausärztin oder der Hausarzt zu anderen Fachleuten.

Es ist auch möglich, sich direkt an psychotherapeutische oder psychiatrische Einrichtungen für Kinder und Jugendliche zu wenden.

Wer ist an der Behandlung beteiligt?

Fachärztinnen und -ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie können Autismus bei Kindern und Jugendlichen diagnostizieren und behandeln. Sie haben entweder eine eigene Praxis oder arbeiten in Kliniken, psychiatrischen Institutsambulanzen oder Sozialpädiatrischen Zentren. Sie können psychotherapeutisch behandeln und Medikamente verschreiben.

Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten diagnostizieren und behandeln vor allem Begleiterkrankungen, die Kinder und Jugendliche mit Autismus haben. Das können etwa Essstörungen, Angststörungen oder eine Depression sein. Manche Praxen für Psychotherapie bieten auch die Behandlung von Autismus an.

Frühförderstellen (Frühförderzentren) unterstützen Kinder mit Autismus und ihre Eltern bis zum Schuleintritt. Hier arbeiten Fachkräfte aus der , , , Bewegungstherapie, Psychologie und zusammen. Sie fördern die Entwicklung des Kindes und helfen den Eltern, mit den Herausforderungen umzugehen.

In Autismus-Zentren werden Menschen mit Autismus behandelt, unterstützt und begleitet. Dort arbeiten beispielsweise Fachleute aus Psychotherapie, und . Je nach Ort heißen sie auch Autismus-Therapie-Zentrum oder Autismus-Ambulanz.

In Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) wird Kindern und Jugendlichen geholfen, mit ihrer Erkrankung oder Behinderung zurechtzukommen. Hier kann auch Autismus diagnostiziert werden. Im SPZ arbeiten zum Beispiel Fachleute für Kinder- und Jugendmedizin, Psychotherapie, und . Manche SPZ bieten eine Autismus-Behandlung an, andere nicht.

Die Logopädie behandelt Sprachprobleme. Das Ziel kann zum Beispiel sein, sprechen zu lernen oder deutlicher zu sprechen. Das Kind kann auch üben, andere im Gespräch anzuschauen und zu erkennen, was bestimmte Gesichtsausdrücke bedeuten.

Die Ergotherapie soll helfen, Reize besser zu verarbeiten, Aufgaben zu erledigen und selbstständiger zu werden. Dazu gehört zum Beispiel, Alltagstätigkeiten zu üben – wie Anziehen oder Essen zubereiten. Auch die Wahrnehmung, Konzentration und das Gedächtnis werden trainiert.

Wo beantrage ich Leistungen?

Beim Jugend- oder Sozialamt wird die sogenannte Eingliederungshilfe beantragt. Sie soll dazu beitragen, dass Menschen mit Autismus am Leben teilnehmen können. Deshalb bezahlt die Eingliederungshilfe etwa die Autismus-Therapie, die Frühförderung, Schulbegleitung sowie Entlastung für Familien – wie den Familienunterstützenden Dienst oder einen Erziehungsbeistand.

Welches Amt zuständig ist, hängt von der Art der Behinderung ab. Bei seelischer Behinderung (meist bei normaler Intelligenz) ist es das Jugendamt. Bei geistiger und körperlicher Behinderung (meist bei beeinträchtigter Intelligenz) ist in der Regel das Sozialamt zuständig. Jugend- und Sozialämter müssen darüber informieren, welches Amt das richtige ist.

Beim Versorgungsamt (manchmal auch beim Sozialamt / Amt für Soziales) kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden. Das Amt legt dafür den Grad der Behinderung fest. Ab einem Grad der Behinderung von 50 bekommt man den Schwerbehindertenausweis. Mit diesem erhält man Anspruch darauf, dass bestimmte Nachteile ausgeglichen werden – etwa durch günstigere Eintritte, Hilfsmittel und Steuererleichterungen. Aber auch bei einem Grad der Behinderung von mindestens 30 gibt es die Möglichkeit, eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen zu beantragen und damit Unterstützungsleistungen zu erhalten.

Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernehmen die Kosten für medizinische Leistungen. Die meisten gesetzlichen Leistungen werden automatisch über die Versichertenkarte abgerechnet. Bestimmte Leistungen müssen aber bei der Kasse beantragt werden, zum Beispiel Hilfsmittel. Pflegekassen sind Teil der Krankenkassen und übernehmen die Kosten für Pflegeleistungen. Sie sind die richtige Anlaufstelle, falls das Kind pflegerische Unterstützung benötigt.

Wo gibt es weitere Unterstützung?

Die Sozialpädagogische Familienhilfe unterstützt Familien im Alltag, indem sie etwa bei alltäglichen Problemen oder Fragen zur Erziehung berät. Eine Sozialpädagogin oder ein Sozialpädagoge kommt dafür nach Hause. Gemeinsam werden dann zum Beispiel ein Tag oder eine Woche geplant und Regeln dafür festgelegt. Ziel ist, dass Familien gut allein zurechtkommen.

Der Familienunterstützende Dienst hilft Menschen mit Behinderung und ihren Familien im Alltag. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen nach Hause und begleiten bei Freizeitaktivitäten, unterstützen bei der Versorgung oder fahren das Kind zur Schule.

Der Erziehungsbeistand ist ein Angebot für ältere Kinder und Jugendliche, die einen größeren Unterstützungsbedarf im Alltag haben. Sie werden von einer pädagogischen Fachkraft begleitet, die vor allem dabei hilft, Entwicklungsprobleme zu bewältigen und selbstständiger zu werden.

Eltern- und Selbsthilfegruppen unterstützen Menschen mit Autismus und ihre Familien. In Eltern-Initiativen für Autismus treffen sich vor allem Eltern, erzählen von sich und den Kindern und tauschen sich aus. Das Angebot gibt es in vielen Städten und Gemeinden, viele Initiativen sind auch bundesweit vernetzt. Einige Gruppen beraten bei rechtlichen Fragen wie der Beantragung eines Schwerbehindertenausweises oder setzen sich politisch für Betroffene ein. Es gibt auch Selbsthilfegruppen, die von Menschen mit Autismus organisiert werden.

Selbsthilfegruppen findet man folgendermaßen:

  • Über den Autismus-Bundesverband lassen sich Gruppen in der Region finden: www.autismus.de.
  • Über den Verein Aspies e. V. lassen sich Selbsthilfegruppen finden.
  • Bei der Kinder- oder Hausarztpraxis oder bei einem Autismus-Zentrum können Sie nachfragen, welche Selbsthilfegruppen es in der Nähe gibt.
  • Sie können im Internet suchen und in die Suchmaschine eingeben: „Selbsthilfe Autismus“ sowie den Namen der eigenen Stadt oder des Bundeslandes.

Bundesverband Autismus Deutschland. Elternratgeber: Autismus-Spektrum. 2023.

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP). Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter, Teil 1: Diagnostik (S3-Leitlinie, in Überarbeitung). AWMF-Registernr.: 028-018. 2016.

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter, Teil 2: Therapie (S3-Leitlinie). AWMF-Registernr.: 028-047. 2021.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Seite kommentieren

Was möchten Sie uns mitteilen?

Wir freuen uns über jede Rückmeldung entweder über das Formular oder über gi-kontakt@iqwig.de. Ihre Bewertungen und Kommentare werden von uns ausgewertet, aber nicht veröffentlicht. Ihre Angaben werden von uns vertraulich behandelt.

Bitte beachten Sie, dass wir Sie nicht persönlich beraten können. Wir haben Hinweise zu Beratungsangeboten für Sie zusammengestellt.

Über diese Seite

Erstellt am 19. Juni 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

So halten wir Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter oder Newsfeed. Auf YouTube finden Sie unsere wachsende Videosammlung.