Ein Defibrillator ist ein Gerät zur Behandlung von Herzerkrankungen, bei denen das Herz plötzlich viel zu schnell schlägt. Sobald sich die Herzfrequenz zu stark beschleunigt, gibt ein implantierter Defibrillator einen oder mehrere Stromstöße an das Herz ab, die die Rhythmusstörung beenden. Das Herz kann danach wieder normal weiterschlagen.
Den Wechsel auf einen normalen Herzrhythmus nennt man Kardioversion. Wenn vor dem Stromstoß ein Kammerflimmern vorlag, spricht man von Defibrillation. Die Geräte werden deshalb auch als Kardioverter-Defibrillatoren bezeichnet. Modelle, die im Körper eingepflanzt werden können, heißen implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD).
Wann kann ein ICD nötig sein?
Ein gesundes Herz schlägt immer in einem Tempo, das ausreicht, um genügend sauerstoffreiches Blut in den Körper zu pumpen. Bei Anstrengung und Stress schlägt es deshalb schneller als in Ruhe.
Bei Menschen mit einer schweren Herzerkrankung – zum Beispiel einer Herzschwäche, nach einem Herzinfarkt oder aufgrund eines angeborenen Herzfehlers – schlägt das Herz jedoch manchmal zu schnell und unkontrolliert. Das kann schwere Folgen wie Kammerflimmern oder einen plötzlichen Herztod haben. Ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator soll solche Komplikationen verhindern und das Herz dauerhaft vor den Folgen schwerer Herzrhythmusstörungen schützen.
Wie läuft eine ICD-Therapie ab?
Der ICD wird in einem kleinen Eingriff in den Körper eingesetzt. Dazu wird das scheibenförmige Gerät von etwa fünf Zentimetern Durchmesser unterhalb des Schlüsselbeins unter die Haut geschoben und dort eingenäht. Der Bereich wird zuvor örtlich betäubt, auf Wunsch bekommt man auch eine kurze, leichte Narkose. Manchmal wird der ICD auch unter dem großen Brustmuskel platziert – etwa aus Platzgründen bei kleinen Kindern.
Vom Gerät gehen meist zwei drahtförmige Elektroden ab. Die Drähte werden in ein benachbartes Blutgefäß eingefädelt und bis ins Herz vorgeschoben. Über die Elektroden überwacht das Gerät dauerhaft die Herztätigkeit und gibt – wenn nötig – mehrere schwächere Stromimpulse oder einzelne stärkere Stromstöße ab. Manchmal werden auch spezielle Geräte unter die Haut oder unter den Muskel eingesetzt, die ohne Kabelverbindung mit dem Herzen funktionieren.
Wenn das Herz plötzlich zu schnell schlägt und das Risiko für Komplikationen steigt, kann das Gerät mehrere Stromimpulse schnell hintereinander abgeben. So wird der zu schnelle Herzschlag „überholt“ (sogenanntes Overpacing). Wenn die Impulsabgabe beendet ist, kann der normale Herzrhythmus wieder einsetzen.
Manchmal hilft ein Overpacing nicht – etwa bei Kammerflimmern. In solchen Situationen gibt der ICD einen einzelnen, stärkeren Stromstoß ab. Für einen kurzen Moment wird das Herz durch dieses „Schocken“ ganz stillgelegt. Auch dadurch kann der natürliche Herzrhythmus wieder einsetzen. Manchmal sind mehrere solcher Schocks nötig, damit das Herz wieder normal schlägt.
Zur Stromversorgung enthält ein ICD Batterien. Sie halten je nach Modell bis zu zehn Jahre. Dann wird das Gerät gewechselt und wieder an die im Körper belassenen Elektroden angeschlossen.
Manche Geräte können die Herztätigkeit als EKG-Kurve aufzeichnen, abspeichern und direkt an eine Arztpraxis übermitteln.
Welche Risiken hat eine ICD-Therapie?
Komplikationen sind bei einer ICD-Therapie selten. Meistens handelt es sich dabei um:
- Infektionen
- Wundheilungsstörungen
- Blutungen, wenn Blutgefäße oder Herzgewebe verletzt werden
- Verletzungen der Lunge
- Verrutschen der Elektroden
- Abnutzung der Elektroden-Isolierung
- Fehlfunktionen des Geräts, die zum Beispiel zu unnötigen Stromstößen führen
Die stärkeren Stromstöße, die das Gerät beim „Schocken“ abgibt, bekommt man bewusst mit. Sie sind schmerzhaft und können Angst machen.
Worauf sollte man achten?
Mit einem ICD lässt sich das tägliche Leben meist relativ normal gestalten. Es gibt jedoch Dinge, auf die man achten sollte:
- Die Kontrolltermine sind wichtig – nehmen Sie sie immer wahr. Dabei wird der Speicher des ICD ausgelesen, der Informationen über Herzrhythmusstörungen, Batterieleistung und mögliche Funktionsstörungen enthält. Falls nötig, werden Umprogrammierungen vorgenommen.
- Nach dem Einsetzen eines ICDs erhalten Sie einen ICD-Ausweis. Tragen Sie diesen immer bei sich, damit zum Beispiel Rettungskräfte in Notfällen schnell Bescheid wissen.
- Wer einen ICD trägt, kann in der Regel keinen Beruf ausüben, in dem man Auto fahren muss. Privat darf man aber meist spätestens drei Monate nach Einsetzen des Defibrillators wieder ans Steuer.
- Einige medizinische Geräte können die Funktion des ICDs stören. Deshalb wird er bei manchen Operationen ausgeschaltet, um unnötige Schockabgaben zu vermeiden. Eine Magnetresonanztomografie ( MRT) kann riskant sein. Mit manchen ICD-Geräten ist eine MRT-Untersuchung nach einer Spezialprogrammierung aber möglich. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt berät dazu, welche Untersuchungen und Behandlungen möglich sind.
- Telefonieren mit dem Smartphone und Musikhören stört die Funktion heutzutage eingesetzter ICD nicht. Man sollte Telefon oder Kopfhörer aber nicht direkt auf die Hautstelle halten, unter der sich der ICD befindet. Zu sogenannten induktiven Ladestationen sollte man zehn Zentimeter Abstand halten.
- Achten Sie beim Kauf größerer Elektrogeräte auf spezielle Warnhinweise für ICD-Patienten und -Patientinnen. Bei Induktionsherden wird zum Beispiel zu einem Sicherheitsabstand von 25 Zentimetern geraten, was das Kochen damit aber nicht einschränkt.
- Melden Sie sich vor der Sicherheitskontrolle am Flughafen (oder bei ähnlichen Kontrollen, etwa in manchen Kaufhäusern, Museen oder bei Gericht) direkt beim Personal und zeigen Sie Ihren ICD-Ausweis vor. Sie werden dann per Hand oder mit Metall-Suchgeräten so kontrolliert, dass weder ein unnötiger Alarm ausgelöst noch Ihr ICD gestört wird.
- Achten Sie in ungewohnter Umgebung auf die Beschilderung: Räume oder Bereiche, die Sie als Trägerin oder Träger eines ICD nicht betreten sollten, sind in der Regel mit einem Warnschild gekennzeichnet.
- Wenn das Gerät einen Stromstoß abgibt, ist dieser schmerzhaft – und erinnert außerdem an die lebensbedrohliche Erkrankung. Um keinen Stromstoß auszulösen, vermeiden manche Menschen körperliche Anstrengung. Wie man mit der Angst vor einem Stromstoß umgehen kann, lässt sich in einer Selbsthilfegruppe sowie mit der Ärztin oder dem Arzt besprechen.
Was sind externe Defibrillatoren?
In Notfällen werden bei Kammerflimmern oder einem Herzstillstand auch externe Defibrillatoren eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Geräte, die in öffentlichen Gebäuden aushängen und von Laien zur Wiederbelebung verwendet werden können (AED). Auch diese Geräte geben einen starken Stromstoß ab, um das Herz der bewusstlosen Person wieder normal schlagen zu lassen.
Um die Zeit zu überbrücken, bis ein ICD eingesetzt wird, können zur Sicherheit auch Defibrillatoren verwendet werden, die man wie eine Weste anlegt – zum Beispiel während des Transports ins Krankenhaus. Defibrillationswesten kommen auch zum Einsatz, wenn man davon ausgeht, dass das Risiko für lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen nur vorübergehend besteht – wie etwa nach einem Herzinfarkt oder bei einer Herzmuskelentzündung.
Wie unterscheidet sich ein Defibrillator von einem Herzschrittmacher?
Implantierbare Defibrillatoren funktionieren als Herzschrittmacher und können zusätzlich Stromstöße abgeben:
- Ein Herzschrittmacher wird eingesetzt, wenn das Herz zu langsam schlägt. Er erkennt den zu langsamen Puls und gibt dann kleine, unmerkliche Stromimpulse ab, die jeweils einen Herzschlag auslösen.
- Ein Defibrillator reagiert auch, wenn das Herz anfängt, viel zu schnell zu schlagen. Er gibt dann Stromimpulse oder Stromstöße ab, die den schnellen Herzschlag beenden, damit der normale Herzschlag wieder einsetzen kann.
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