Wie funktioniert die Wirbelsäule?

Die Wirbelsäule bildet die „knöcherne Mitte“ des Körpers. Sie hält ihn aufrecht und verbindet verschiedene Teile des Skeletts miteinander: den Kopf, den Brustkorb, das Becken, die Schultern, Arme und Beine. Weil die Wirbelsäule aus einer zusammenhängenden Kette von Knochen besteht, ist sie beweglich. Zusammen mit elastischen Bandscheiben, Muskeln und Bändern ermöglicht sie Bewegungen des Körpers in fast alle Richtungen.

Wie ist die Wirbelsäule aufgebaut?

Die einzelnen knöchernen Elemente der Wirbelsäule nennt man Wirbel. Die Wirbelsäule eines Erwachsenen besteht normalerweise aus 33 Wirbeln. Sie wird in fünf Abschnitte unterteilt, von oben nach unten:

  • Halswirbelsäule (HWS) aus 7 Wirbeln
  • Brustwirbelsäule (BWS) aus 12 Wirbeln
  • (LWS) aus 5 Wirbeln
  • Kreuzbein aus 5 zusammengewachsenen Wirbeln
  • Steißbein aus 4 zusammengewachsenen Wirbeln
Grafik: Abschnitte der Wirbelsäule

Die Wirbelkörper werden von Fachleuten für jeden Abschnitt von oben nach unten durchnummeriert und abgekürzt: Halswirbelkörper mit C, Brustwirbelkörper mit Th, Lendenwirbelkörper mit L und das Kreuzbein mit S. Die Wirbelsäule beginnt oben also mit dem Wirbelkörper C1, nach dem C7 kommt der Th1 und so weiter.

Die Wirbelsäule ist in ihren verschiedenen Abschnitten unterschiedlich beweglich. Am flexibelsten ist die Halswirbelsäule. Deshalb kann man den Kopf in fast alle Richtungen drehen und neigen. Kreuz- und Steißbein sind unbeweglich und bestehen bei Erwachsenen nur aus einem Knochen. Bei Kindern bilden noch mehrere Wirbelknochen das Kreuz- und Steißbein, die nach und nach zusammenwachsen.

Die Wirbel müssen umso mehr Gewicht tragen, je weiter unten sie angeordnet sind. Daher sind zum Beispiel die Lendenwirbel größer und stabiler als die oberen Wirbel. Aufgrund der höheren Belastung zeigen sich hier mit zunehmendem Alter häufiger normale Abnutzungserscheinungen.

Wie sieht eine gesunde Wirbelsäule aus?

Die gesunde Wirbelsäule eines Erwachsenen sieht von der Seite doppelt s-förmig aus – das heißt, man erkennt vier leichte Krümmungen, abwechselnd nach vorne und nach hinten:

  • Die Hals- und sind etwas nach vorne geschwungen. Diese natürlichen Krümmungen werden als Lordose bezeichnet.
  • Die Brustwirbelsäule und das Kreuzbein (Sacrum) sind leicht nach hinten geschwungen. Diese natürlichen Krümmungen werden als Kyphose bezeichnet.

Die s-förmige Krümmung macht die Wirbelsäule belastbar: Sie hilft, in der aufrechten Position die Balance zu halten, fängt beim Gehen Erschütterungen ab und schützt die Wirbel vor Brüchen. Die doppelte S-Form entwickelt sich erst nach der Geburt, wenn die Wirbelsäule immer stärker belastet wird, weil das Kind anfängt, den Kopf zu heben, zu krabbeln und schließlich zu laufen.

Bestimmte Erkrankungen der Wirbelsäule können die Krümmungen verstärken und zu Haltungsproblemen und anderen Beschwerden führen.

Von hinten betrachtet gleicht die Wirbelsäule einem geraden Stab. Krümmt sie sich zu Seite, kann das auf eine Skoliose (im Jugendalter oder als Alterserscheinung) hinweisen.

Wie sieht ein Wirbel aus?

Bis auf die ersten beiden Halswirbel sowie Kreuz- und Steißbein bestehen alle Wirbel aus einem Wirbelkörper, der nach vorne zeigt – also zur Körpermitte hin – und einem Dornfortsatz, der nach hinten zeigt. Die Dornfortsätze sind bei manchen schlanken Menschen am Rücken deutlich sichtbar, vor allem, wenn sie sich nach vorne beugen.

Grafik: Zwei Lendenwirbel mit Bandscheibe (Seitenansicht)
Grafik: Lendenwirbel mit Bandscheibe (Querschnitt)

Weitere Bestandteile des Wirbels sind:

  • der Wirbelbogen: Er verbindet Wirbelkörper und Dornfortsatz und bildet in seiner Mitte einen Hohlraum, das Wirbelloch. Die übereinanderliegenden Wirbellöcher aller Wirbel bilden den Wirbelkanal. Darin verläuft das Rückenmark.
  • die Gelenkfortsätze: Sie bilden zusammen mit den Gelenkfortsätzen der Wirbel darüber und darunter jeweils ein Facettengelenk (auch als Wirbelbogengelenk oder kleines Wirbelgelenk bezeichnet).
  • die Gelenkflächen des Facettengelenks: Sie sind mit dünnem Knorpel überzogen, durch den eine flüssige Bewegung möglich ist.
  • die Querfortsätze: Sie liegen an beiden Seiten des Wirbelbogens – an ihnen sind Muskeln und Bänder befestigt.

Wofür sind Bandscheiben da?

Zwischen den Wirbelkörpern befinden sich insgesamt 23 elastische Bandscheiben – außer zwischen Schädel und erstem Halswirbel sowie zwischen erstem und zweitem Halswirbel. Die Bandscheiben sind zwischen 5 und 10 mm dick und bestehen aus einer festen, mehrschichtigen Hülle aus Knorpelfaser und einem gelartigen Kern (Gallertkern).

Bandscheiben wirken wie Stoßdämpfer zwischen den einzelnen Wirbeln: Sie federn Stöße ab, die zum Beispiel beim Laufen oder Springen auf die Wirbelsäule wirken. Sie sorgen auch dafür, dass die Wirbelsäule beweglich ist und man sich bücken oder den Oberkörper drehen kann. Außerdem halten die Bandscheiben zusammen mit den Muskeln des Oberkörpers die Wirbelsäule stabil in ihrer Form, sodass die Wirbel nicht kippen oder verrutschen.

Bandscheiben funktionieren wie ein Schwamm: Wenn sie belastet werden, verlieren sie Flüssigkeit und werden dünner; bei Entlastung nehmen sie Flüssigkeit auf und werden wieder dicker. Da die meisten Menschen ihre Wirbelsäule tagsüber belasten und nachts beim Liegen entlasten, sind sie abends um etwa 1,5 bis 2 cm kleiner als morgens.

Schon bei Menschen zwischen 20 und 30 Jahren setzen Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule ein – das ist ein normaler Teil des Älterwerdens. Die Bandscheiben werden dünner (Bandscheibendegeneration), deshalb sitzen die Wirbelkörper dichter aufeinander und die Wirbelsäule krümmt sich stärker. Im Alter ist man deshalb meist um einige Zentimeter kleiner als in jüngeren Jahren.

Durch den Verschleiß der Bandscheiben kann es zu weiteren Veränderungen an der Wirbelsäule kommen, zum Beispiel einem Bandscheibenvorfall oder einer Facettengelenkarthrose (Spondylose). Rückenschmerzen lassen sich allerdings meist nicht eindeutig darauf zurückführen, da Veränderungen an der Wirbelsäule auch bei Menschen ohne Beschwerden sehr häufig sind.

Wo verlaufen Rückenmark und Nerven?

Die Knochen der Wirbelsäule schützen das Rückenmark, das im sogenannten Wirbelkanal verläuft. Zwei benachbarte Wirbelbögen bilden auf beiden Seiten der Wirbelsäule zusammen eine Lücke, durch die rechts und links jeweils ein Rückenmarksnerv (Spinalnerv) das Rückenmark verlässt. Die Spinalnerven im Becken verbinden sich links und rechts zu jeweils einem Ischiasnerv, der auf der Rückseite der Beine verläuft und sie versorgt.

Grafik: Verlauf der Spinal- und der Ischiasnerven

Die Spinalnerven leiten Signale des Gehirns über das Rückenmark an die Muskeln des Skeletts und an die inneren Organe weiter. Umgekehrt melden sie Berührungen, Druck, Kälte, Wärme, Schmerz und andere Empfindungen von der Haut, den Muskeln, den Gelenken und den inneren Organen über das Rückenmark an das Gehirn. Rückenmark und Gehirn bilden zusammen das zentrale Nervensystem.

Das Rückenmark endet an der oberen . Von dort läuft nur noch ein Bündel von Spinalnerven nach unten weiter. Dieses Bündel nennt man Cauda equina.

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Aktualisiert am 03. Januar 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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