Psychische Probleme: Wo gibt es Hilfe?

Bei seelischen Problemen oder Erkrankungen wissen viele Menschen nicht, an wen sie sich wenden sollen. Zudem ist oft die Hemmschwelle hoch, über psychische Erkrankungen zu sprechen.

Vertraute Personen aus der Familie oder dem Freundeskreis können wichtige erste Ansprechpersonen sein. Doch nicht immer reicht ein solcher Austausch aus. Wenn man sich zum Beispiel länger sehr ängstlich oder niedergeschlagen fühlt, gibt es verschiedene Anlaufstellen, bei denen man professionelle Hilfe bekommt.

Wohin kann ich mich bei psychischen Problemen zuerst wenden?

Die folgenden Stellen helfen bei seelischen Problemen weiter. Auch wer sich nicht sicher ist, ob die eigenen Beschwerden behandlungsbedürftig sind, kann hier eine erste Beratung erhalten.

Hausärztliche Praxis

Die Hausärztin oder der Hausarzt ist für viele Menschen, die wegen psychischer Beschwerden Rat suchen, die erste Adresse. Sie oder er kann abklären, ob möglicherweise körperliche Ursachen dahinterstecken. Bei Bedarf wird man an weitere Stellen verwiesen, zum Beispiel eine psychotherapeutische Praxis.

Betroffene Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern können sich an die Kinderarztpraxis wenden.

Psychotherapeutische Praxis

Hier kann man ein erstes Beratungsgespräch in Anspruch nehmen – auch „psychotherapeutische Sprechstunde“ genannt. Die Therapeutin oder der Therapeut schätzt ein, ob eine psychische Erkrankung vorliegen könnte und ob eine Psychotherapie hilfreich oder sogar akut notwendig wäre. Manchmal sind aber auch andere Angebote passender, etwa der Austausch in einer Selbsthilfegruppe oder Beratungsstelle.

Psychotherapeutische Praxen müssen für diese Sprechstunden ein gewisses Zeitkontingent einplanen. Für einen Termin kann man sich direkt an eine Praxis wenden oder ihn über den Terminservice der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vereinbaren. Man braucht dafür keine ärztliche Überweisung. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine psychotherapeutische Sprechstunde, ohne dass dafür ein Antrag gestellt werden muss.

Gut zu wissen:

Es gibt sowohl psychologische als auch ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Die Unterschiede erklärt der Text „Wer bietet eine Psychotherapie an?“.

Psychosoziale Beratungsstellen

Diese Stellen bieten selbst keine Therapien an. Sie können aber bei vielen Problemen beraten, über Unterstützungsmöglichkeiten informieren und diese vermitteln. Auf Wunsch ist die Beratung anonym. Es gibt unterschiedliche Angebote, zum Beispiel Familien-, Frauen-, Lebens- oder Suchtberatungsstellen. Auch für nach Deutschland eingewanderte Menschen gibt es Anlaufstellen.

Die Mitarbeitenden kommen oft aus unterschiedlichen Berufsfeldern wie Medizin, (Sozial-)Pädagogik, Psychologie, Psychotherapie, Sozialarbeit oder Pflege. Zu den Trägern der Beratungsstellen gehören beispielsweise:

Auch viele Städte, Gemeinden und lokale Vereine betreiben Beratungsstellen. Für Studierende bieten die Studierendenwerke an vielen Universitäten psychologische Beratung an. Die Beratungsstellen werden in der Regel durch ihren Träger, durch Fördermittel und über Spenden finanziert. Für Ratsuchende sind sie daher meist kostenlos.

Sozialpsychiatrische Dienste

Diese betreuen und begleiten Menschen mit akut behandlungsbedürftigen sowie mit chronischen psychischen Erkrankungen. In der Regel bieten Sozialpsychiatrische Dienste selbst keine Therapien an. Ihre Mitarbeitenden können jedoch feststellen, ob jemand eine behandlungsbedürftige Erkrankung hat. Außerdem unterstützen sie Menschen, die gerade eine machen oder einen Klinikaufenthalt hinter sich haben. Bei Bedarf bieten sie auch Hausbesuche an.

Auch in den Sozialpsychiatrischen Diensten arbeiten Fachkräfte aus der Medizin, Pflege, Psychotherapie und Sozialpädagogik. Die Dienste sind bei den Gesundheitsämtern der Städte und Gemeinden angesiedelt und können kostenlos in Anspruch genommen werden.

Nicht nur Betroffene können sich an den Sozialpsychiatrischen Dienst wenden, sondern auch Menschen aus deren Umfeld. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn man das Gefühl hat, dass jemand Hilfe benötigt, oder wenn man mit der psychischen Erkrankung eines nahestehenden Menschen überfordert ist. Für Kinder, Jugendliche und deren Eltern gibt es außerdem spezielle kinder- und jugendpsychiatrische Dienste.

Wichtig ist:

Die Fachkräfte in den Sozialpsychiatrischen Diensten und psychosozialen Beratungsstellen unterliegen der Schweigepflicht – genau wie Therapeutinnen und Therapeuten.

Wie finde ich eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten?

Verschiedene Einrichtungen helfen bei der Suche nach einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten. Dazu gehören zum Beispiel:

Im Internet lässt sich auch selbst nach psychotherapeutischen und ärztlichen Praxen in der Nähe suchen. Eine Ärzte- und Psychotherapeutensuche nach Postleitzahl gibt es zum Beispiel vom Patientenservice 116 117, der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung, den Psychotherapeuten- und Ärztekammern.

Wer nicht so gut Deutsch spricht, kann die Suchergebnisse auf diesen Seiten meist nach Fremdsprachenkenntnissen der Therapeutinnen und Therapeuten filtern. Auch nach anderen Kriterien lässt sich zum Teil suchen, etwa, ob eine Praxis barrierefrei ist oder bestimmte Leistungen anbietet.

Wie finde ich heraus, ob eine Therapeutin oder ein Therapeut zu mir passt?

Eine Psychotherapie erfordert eine sehr enge und persönliche Zusammenarbeit – daher ist es wichtig, dass man sich gut aufgehoben fühlt. Wer sich für ein bestimmtes psychotherapeutisches Verfahren interessiert oder mehr über die Therapeutin oder den Therapeuten selbst wissen möchte, braucht sich daher nicht zu scheuen, in der Praxis nachzufragen: zum Beispiel, wie lange sie oder er schon im Beruf arbeitet und mit welchen Schwerpunkten. Viele Praxen informieren darüber auch auf ihrer Website.

Weitere Fragen an die Behandelnden könnten sein:

  • Haben Sie Erfahrung mit Menschen, die eine ähnliche Erkrankung haben wie ich?
  • Welche Psychotherapie oder welche Medikamente können bei meiner Erkrankung helfen?
  • Welche möglichen Nebenwirkungen haben die Therapien?
  • Wie lange dauern die Psychotherapieverfahren, die infrage kommen? Wie oft sind dafür Praxisbesuche nötig?
  • Was passiert, wenn ich mich nicht behandeln lasse? Reicht es aus, wenn ich mir anderweitig Hilfe hole, zum Beispiel bei einer psychosozialen Beratungsstelle?

Gut zu wissen:

Vor dem Start der eigentlichen Psychotherapie kann man in mehreren Probesitzungen ausprobieren, ob die Therapeutin oder der Therapeut zu einem passt. Näheres dazu erklärt der Text „Was ist eine Psychotherapie und wie läuft sie ab?“.

Wie lange muss ich auf einen Therapieplatz warten?

Es kann einige Wochen bis Monate dauern, bis man einen Therapieplatz in einer psychotherapeutischen Praxis bekommt. Kurzfristiger möglich sind Termine für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunde oder für eine sogenannte Akutbehandlung. Diese kann sich bei dringendem Behandlungsbedarf direkt an eine Sprechstunde anschließen.

Gesetzlich Versicherte können für die Terminsuche den Patientenservice der 116 117 nutzen. Dieser ist verpflichtet, innerhalb einer Woche einen Termin für die psychotherapeutische Sprechstunde zu vermitteln. Dieser muss in den nächsten vier Wochen stattfinden. War man bereits in einer psychotherapeutischen Sprechstunde, vermittelt der Service je nach Empfehlung der Therapeutin oder des Therapeuten auch Termine für Probesitzungen oder eine Akutbehandlung. Die Wartezeit auf eine Akutbehandlung darf dabei nicht länger als zwei Wochen sein.

Wer hilft im Notfall?

Wer in einer akuten Krise ist, braucht sofort Hilfe – vor allem, wenn man sich selbst oder andere gefährden könnte. Hierfür gibt es folgende Telefonnummern und Einrichtungen:

  • 112 – Notruf: Bei akuter Gefahr für sich selbst oder andere (zum Beispiel selbstverletzendes Verhalten bis hin zu Selbsttötungsgedanken) kann der Notruf gewählt werden. Man erhält dort auch Hilfe auf Englisch.
  • 116 117 – ärztlicher Bereitschaftsdienst: Hier erhält man Rat, wenn Arztpraxen geschlossen haben – etwa nachts, am Wochenende oder an Feiertagen. Der Dienst vermittelt an die nächstgelegene (zum Beispiel psychiatrische) Praxis mit Notfalldienst.
  • psychiatrische Ambulanzen oder Notaufnahmen: Diese befinden sich an Kliniken und in medizinischen Versorgungszentren.
  • örtlicher Krisendienst oder Kinder- und Jugendnotdienst: Die Adressen findet man bei der eigenen Stadt oder Gemeinde.

Außerdem gibt es verschiedene Angebote für telefonische und Online-Beratung:

Gut zu wissen:

Eine Übersicht über Seelsorgenummern auf Englisch und in anderen Sprachen bietet die Website der Telefonseelsorge.

Was kann ich tun, wenn es mir schwerfällt, bei psychischen Problemen Hilfe zu suchen?

Manchen Menschen fällt es schwer, wegen ihrer Probleme eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten aufzusuchen. Das kann unterschiedliche Gründe haben: Einige haben Angst davor, als psychisch krank bezeichnet zu werden, oder sie sind verunsichert, weil sie nicht wissen, was bei einer Psychotherapie passiert. Andere haben Zweifel, ob ihnen auf diese Weise tatsächlich geholfen werden kann. Allerdings berichten Menschen nach dem Beginn oder Abschluss einer häufig, dass sie sich rückblickend lieber schon früher Hilfe gesucht hätten. Es ist nicht einfach, die eigenen Gedanken und Verhaltensweisen zu hinterfragen und zu ändern – es kann sogar sehr anstrengend und fordernd sein. Die Anstrengung lohnt sich aber sehr oft: Eine Depression, Zwangs- oder Angststörung erfolgreich zu bewältigen, verbessert die Lebensqualität erheblich.

Wem es schwerfällt, zu einer zu gehen, kann Folgendes ausprobieren:

  • Sich als erstes bei einem Spaziergang das Haus anschauen, in dem die Praxis untergebracht ist – oft ist ein erster Eindruck von der Umgebung hilfreich.
  • Anonym mit der Praxis telefonieren oder – wenn vorhanden – die Praxis-Website aufrufen und sich über den möglichen Ablauf einer Behandlung informieren.
  • Sich in einem weiter entfernten Ort eine Praxis suchen.
  • Zum ersten Gespräch einen Familienangehörigen oder eine Freundin mitbringen.
  • Mit anderen sprechen, die schon einmal eine Psychotherapie in Anspruch genommen haben – zum Beispiel in einer Selbsthilfegruppe.

Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). Report Psychotherapie 2021. 2021.

Hauth I, Falkai P, Deister A. Psyche Mensch Gesellschaft. Psychiatrie und Psychotherapie in Deutschland: Forschung, Versorgung, Teilhabe Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2017.

Robert Koch-Institut (RKI), Statistisches Bundesamt (Destatis). Psychotherapeutische Versorgung. (Gesundheitsberichterstattung des Bundes; Heft 41). 2008.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 19. März 2025

Nächste geplante Aktualisierung: 2028

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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