Was ist krankhafte Kurzsichtigkeit?

Foto von Patient und Augenärztin bei einer Untersuchung

Bei einer krankhaften Kurzsichtigkeit verändert sich der Augenhintergrund – zum Beispiel ist die oft dünner und schlechter durchblutet. Das kann zu ernsten Folgeerkrankungen führen. Daher sind nach der regelmäßige augenärztliche Untersuchungen wichtig.

Kurzsichtigkeit (medizinisch: Myopie) ist weit verbreitet: Vielen Menschen fällt es schwer, Dinge in der Ferne zu erkennen, während beispielsweise das Lesen in einem Buch gut möglich ist. Mit einer Brille oder Kontaktlinsen lässt sich der Sehfehler in der Regel gut ausgleichen und macht dann normalerweise keine größeren Probleme. Kurzsichtigkeit ist keine Krankheit, sondern zählt zu den sogenannten Fehlsichtigkeiten – so wie auch die Weitsichtigkeit, Stabsichtigkeit und Alterssichtigkeit.

Bei manchen kurzsichtigen Menschen verändert sich allerdings das Gewebe des Augenhintergrunds. Vor allem stark kurzsichtige Menschen sind betroffen. Dann sprechen Fachleute von einer krankhaften Kurzsichtigkeit (pathologische Myopie). Sie wird unter anderem auch als degenerative Kurzsichtigkeit bezeichnet – oder als bösartige Kurzsichtigkeit, auch wenn sie nichts mit Krebs zu tun hat.

Aus diesen Veränderungen können Folgeerkrankungen entstehen – etwa ein Grauer Star oder Grüner Star, eine Netzhautablösung oder Makuladegeneration. Werden sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, können sie das Sehen stark beeinträchtigen und bis zur Erblindung führen. Für Menschen mit krankhafter Kurzsichtigkeit ist es daher wichtig, regelmäßig ihre Augen kontrollieren zu lassen.

Gut zu wissen:

Oft wird eine starke Kurzsichtigkeit mit krankhafter Kurzsichtigkeit gleichgesetzt – das ist jedoch nicht korrekt: Längst nicht jeder stark kurzsichtige Mensch hat eine krankhafte Kurzsichtigkeit. Umgekehrt kann sie auch bei leicht kurzsichtigen Menschen auftreten.

Wie viele Menschen sind betroffen?

Schätzungsweise haben bis zu 3 % der Weltbevölkerung eine krankhafte Kurzsichtigkeit. Wie viele kurzsichtige Menschen von einer krankhaften Kurzsichtigkeit betroffen sind, lässt sich nicht sicher sagen. Das Risiko für krankhafte Veränderungen steigt mit der Stärke der Kurzsichtigkeit sowie mit dem Alter. Kinder und Jugendliche sind selten betroffen.

Was passiert bei einer krankhaften Kurzsichtigkeit?

Die Ursachen der krankhaften Kurzsichtigkeit sind nicht gut erforscht. Sie scheinen vor allem genetisch zu sein.

Bei einer krankhaften Kurzsichtigkeit ist der Augapfel meist deutlich länger als normal. Das wirkt sich auf das Gewebe im Augapfel aus: So wird zum Beispiel die , die seine Innenseite auskleidet, stark gespannt und löst sich leichter von der sie versorgenden Aderhaut. An diesen Stellen wuchern manchmal neue Blutgefäße in die und schädigen sie.

Auch das Gewebe in der Nähe des Sehnervs kann stärker gespannt sein und ihn schädigen.

Grafik: Anatomische Darstellung eines Auges in Seitenansicht. Die Netzhaut ist leicht vom Auge gelöst.

Was sind mögliche Folgen einer krankhaften Kurzsichtigkeit?

Zu möglichen Folgeerkrankungen zählen:

  • Grüner Star (): Dabei kommt es zu „blinden Flecken“, die das Sichtfeld einschränken. Der Grüne Star entsteht, wenn der Sehnerv geschädigt wird.
  • Grauer Star (): Hier geht die Sehkraft schleichend verloren, weil die Augenlinse trübe wird. Der Graue Star entsteht meist im Alter. Bei einer krankhaften Kurzsichtigkeit passiert dies häufiger und früher.
  • Makuladegeneration: Die liegt im Zentrum der und ist der Bereich des schärfsten Sehens. Bei einer Makuladegeneration wird sie nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt, weil der Stoffwechsel in der gestört ist. Dadurch lassen sich Dinge, auf die man gezielt den Blick richtet, immer schlechter erkennen.
  • Netzhautablösung: Hier löst sich die von der darunterliegenden Aderhaut, wodurch sie nicht mehr genügend mit Nährstoffen versorgt wird. Ohne rasche Behandlung kann eine Netzhautablösung zur Erblindung führen. Das Risiko für diese Erkrankung scheint umso höher zu sein, je länger der Augapfel ist. Anzeichen einer Netzhautablösung sind Lichtblitze und sich bewegende Flocken im Sichtfeld sowie schwarze Schatten, sie sich langsam ausbreiten.
  • wuchernde neue Blutgefäße (choroidale Neovaskularisation): Wenn neue Gefäße in die einwachsen, können sie die der schädigen. Dies beeinträchtigt das Sehvermögen schleichend oder plötzlich. Es kommt zu dunklen Flecken im Sichtfeld oder verzerrter Sicht – gerade Linien wie Kachelfugen erscheinen dann gebogen.

Wichtig ist:

Bei Symptomen wie Lichtblitzen, dunklen Flecken, Verzerrungen und Schatten im Sichtfeld so schnell wie möglich augenärztliche Hilfe suchen.

Die krankhafte Kurzsichtigkeit zählt wegen ihrer möglichen Folgeerkrankungen zu den häufigsten Ursachen einer Sehbehinderung und Erblindung. Werden diese Erkrankungen jedoch früh genug erkannt und behandelt, kann dies meist verhindert werden. In Deutschland erblindet schätzungsweise weniger als 1 von 100.000 Menschen aufgrund der Folgen einer krankhaften Kurzsichtigkeit.

Was kann ich tun, um Folgeschäden zu vermeiden?

Wichtig ist, die Augen regelmäßig untersuchen zu lassen. So fallen mögliche Folgeerkrankungen früh auf und können behandelt werden. Am besten bespricht man mit der Augenärztin oder dem Augenarzt, in welchen Abständen Untersuchungen sinnvoll sind.

Augenärztinnen und Augenärzte erklären zudem, auf welche Warnzeichen man im Alltag achten sollte.

Was hilft, mit Folgeschäden einer krankhaften Kurzsichtigkeit zurechtzukommen?

Bei einer krankhaften Kurzsichtigkeit kann die Sorge vor Folgeerkrankungen sehr belasten. Haben Folgeschäden das Sehvermögen eingeschränkt, wirkt sich das auf viele Lebensbereiche aus. Betroffene sind dann auf verschiedene Hilfsmittel und die Unterstützung anderer Personen angewiesen. Dies zu akzeptieren, fällt oft schwer.

In beiden Situationen hilft es, verschiedene Hilfen und Versorgungsleistungen zu kennen, die den Alltag mit einer Sehbehinderung erleichtern. Außerdem gibt es Beratungsstellen, die bei Sorgen unterstützen oder dabei helfen, mit den Auswirkungen einer Seheinschränkung umzugehen.

Flitcroft DI, Mingguang H, Jonas JB et al. IMI – Defining and Classifying Myopia: A Proposed Set of Standards for Clinical and Epidemiologic Studies. Invest Ophthalmol Vis Sci 2019; 60(3): M20-M30.

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Ohno-Matsui K, Wu PC, Yamashiro K et al. IMI Pathologic Myopia. Invest Ophthalmol Vis Sci 2021; 62(5): 5.

Ziemssen F, Lagrèze WA, Voykov B. Sekundärerkrankungen bei hoher Myopie [Secondary diseases in high myopia]. Ophthalmologe 2017; 114(1): 30-43.

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Über diese Seite

Erstellt am 11. September 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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