Was hilft bei Ischias-Schmerzen?

Foto von Tabletten-Einnahme

Ischias-Beschwerden können sehr unangenehm sein, lassen aber meist innerhalb einiger Wochen nach. Schmerzmittel wie und Kortisonspritzen können akute Beschwerden etwas lindern. Ist ein Bandscheibenvorfall die Ursache, kommt manchmal eine Operation infrage – vor allem, wenn die Beschwerden hartnäckig sind oder zu einer führen.

Bei einer Ischialgie ist eine der Nervenwurzeln, die den Ischias-Nerv bilden, gereizt oder eingeengt. Der Ischias-Nerv verläuft vom Gesäß bis zum Fuß. Typische Beschwerden einer sind deshalb Schmerzen im Gesäß und Bein sowie Gefühlsstörungen wie Taubheit, Kribbeln und eingeschränkte Reflexe, zum Beispiel an der Achillessehne. Wie, an welchem Bein und wo genau sich die Beschwerden äußern, hängt davon ab, welche Nervenwurzel betroffen ist. Manchmal sind auch beide Beine betroffen.

Die Grafik zeigt den Ursprung und den Verlauf der Ischias-Nerven vom Lendenwirbel bis in den Fuß.

Ischialgien werden bei über 80 % der Betroffenen durch einen Bandscheibenvorfall ausgelöst. Er bildet sich meist von selbst zurück, sodass die Beschwerden in der Regel innerhalb einiger Wochen nachlassen. Manche Menschen haben aber auch hartnäckigere Beschwerden, die länger andauern, immer wiederkehren oder zu einer führen. Dann kommt auch eine Operation infrage.

Gut zu wissen:

Ein sehr seltener Notfall, bei dem sofort operiert werden muss, ist das sogenannte Kauda-Syndrom. Anzeichen dafür sind Lähmungen, ein Taubheitsgefühl im Bereich von Darmausgang und äußeren Geschlechtsorganen oder plötzliche Probleme mit dem Wasserlassen oder Stuhlgang.

Was kann ich selbst tun?

Bei einem normalen Verlauf erfordert eine vor allem Geduld – denn es dauert meist eine Weile, bis sich ein Bandscheibenvorfall zurückgebildet oder der gereizte Nerv sich erholt hat.

Oft hängen die Beschwerden von bestimmten Haltungen ab. So lassen bei manchen Menschen die Schmerzen nach, wenn sie liegen oder sich im Liegen anlehnen, bei anderen eher, wenn sie stehen und etwas umhergehen. Am besten probiert man selbst aus, was Linderung verschafft.

Bei akuten und starken Schmerzen kann es manchmal nötig sein, sich einige Tage zu schonen. Studien zeigen aber, dass strenge Bettruhe für die Heilung nicht nötig ist: Menschen, die 1 bis 2 Wochen im Bett bleiben, erholen sich nicht schneller als diejenigen, die – soweit möglich – ihrem normalen Alltag nachgehen. Außerdem baut die Muskulatur sich ab, wenn man sich zu wenig bewegt. Daher empfehlen Fachleute, möglichst schnell wieder aktiv zu werden. Man sollte sich aber nicht überlasten und Tätigkeiten vermeiden, die die Schmerzen verstärken.

Sofern man krankgeschrieben ist, wird daher empfohlen, so bald wie möglich wieder zu arbeiten. Je nach Beruf kann es allerdings sinnvoll sein, vorübergehend eine andere Tätigkeit auszuüben oder stufenweise wieder einzusteigen – vor allem nach einem längeren Arbeitsausfall. Dazu muss man mit der Ärztin oder dem Arzt einen Eingliederungsplan erstellen. Fachleute raten außerdem dazu, bei der Arbeit und im Alltag regelmäßig die Position zu wechseln, zum Beispiel abwechselnd zu sitzen und zu stehen, und einseitige Haltungen zu vermeiden.

Ausführliche Informationen zur Behandlung von Rückenschmerzen und chronischen Rückenproblemen finden sich im Thema Rücken- und Kreuzschmerzen.

Helfen Schmerzmittel aus der Apotheke?

Entzündungshemmende Schmerzmittel wie Diclofenac und sind ohne Rezept in der Apotheke erhältlich. Sie werden auch nicht steroidale Antirheumatika genannt, kurz . Wie gut sie bei helfen, ist nicht gut erforscht.

Aus wissenschaftlichen Studien gibt es Hinweise, dass sie Ischias-Beschwerden bei manchen Menschen etwas lindern können:

  • Innerhalb einer Woche besserten sich die Beschwerden bei 56 von 100 Personen, die ein Scheinmedikament () nahmen.
  • In der gleichen Zeit besserten sich die Beschwerden bei 64 von 100 Personen, die ein entzündungshemmendes Schmerzmittel nahmen.

Mit anderen Worten: Bei 8 von 100 Betroffenen konnten die Mittel die Ischialgie-Beschwerden lindern. Die häufigste Nebenwirkung von entzündungshemmenden Schmerzmitteln sind Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder Sodbrennen. Dazu kommt es bei etwa 5 von 100 Personen, die solche Medikamente kurzzeitig einnehmen.

Die Mittel können auch zu Komplikationen wie Magengeschwüren oder -blutungen führen. Außerdem erhöhen sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieses Risiko steigt mit höherer Dosierung und längerer Anwendung. Um die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen zu senken, ist es sinnvoll, in möglichst niedriger Dosierung zu nehmen – und nur bei Bedarf.

Wichtig ist,

sich vor der Einnahme von Schmerzmitteln – auch rezeptfreien – zu informieren, welche Neben- und Wechselwirkungen möglich sind und wie man die Mittel sicher anwendet. Dazu beraten die Fachkräfte in der Apotheke.

Paracetamol-Tabletten werden bei Ischias-Schmerzen nicht empfohlen, da sie wahrscheinlich nicht helfen.

Was kann ich von einer Kortisonspritze erwarten?

Wirbelsäulennahe Spritzen sind eine weitere Behandlungsmöglichkeit. Hierbei wird an die betroffene Nervenwurzel oder in den Epiduralraum gespritzt (auch genannt). Dies ist eine Binde- und Fettgewebsschicht über der Rückenmarkshülle, durch die Gefäße und Nervenwurzeln laufen.

Die Grafik zeigt, wie eine wirbelsäulennahe Kortisonspritze in den Epiduralraum gesetzt wird.

In Studien konnten solche Spritzen Ischias-Schmerzen bei manchen Menschen lindern:

  • Mit einer Placebo-Spitze (Spritze ohne Wirkstoff) besserten sich die Schmerzen bei 51 von 100 Personen für einige Wochen.
  • Mit einer Kortisonspritze besserten sich die Schmerzen bei 60 von 100 Personen für einige Wochen.

Mit anderen Worten: In den Studien linderten Kortisonspritzen bei 9 von 100 Betroffenen Ischialgie-Beschwerden für einige Wochen. Diese Ergebnisse beruhen allerdings auf wenigen kleinen Studien und sind daher unsicher.

Spritzen in den Bereich der Wirbelsäule können die Nerven vorübergehend reizen. Dies kann zu Nebenwirkungen führen – etwa Kribbeln oder Jucken, Übelkeit, Fieber, Schwindel oder plötzlichen Hitzewallungen im Gesicht. Durch die örtliche Betäubung des Nervs kann es für einige Stunden zu einer kommen, die vorübergehend das Risiko für einen Sturz erhöht. Es gibt Hinweise, dass wiederholte Spritzen mit die Knochen schwächen und dadurch Wirbelbrüche etwas wahrscheinlicher machen könnten.

Wenn die Spritze zu einer Blutung im Epiduralraum führt, kann das zu bleibenden Lähmungen führen. Solche schwerwiegenden Komplikationen sind sehr selten und treten bei etwa 1 von 100.000 Spritzen auf.

Warum sind stärkere Schmerzmittel (Opioide) bei Ischialgie nicht sinnvoll?

sind verschreibungspflichtige Schmerzmittel, die zum Beispiel in der Notfall- und Intensivmedizin eingesetzt werden, denn sie können akute Schmerzen oft gut lindern. Bei chronischen Schmerzen eignen sich jedoch weniger gut. Zudem haben sie viele Nebenwirkungen und können abhängig machen. Deshalb wird bei Ischialgien und Rückenschmerzen meist von Opioiden abgeraten.

Der bekannteste Vertreter dieser Wirkstoffgruppe ist das Morphin. Andere sind Buprenorphin, Hydromorphon, Oxycodon, Tapentadol, Tilidin und Tramadol.

In einer großen Studie wurde die Wirksamkeit des Opioids Oxycodon bei Menschen mit Rücken- und Beinschmerzen untersucht. Das Opioid linderte die Beschwerden nicht besser als ein Scheinmedikament (). Bei 5 von 100 Personen führte das Mittel zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Schwindel oder Schlafstörungen. Außerdem zeigten 10 von 100 Personen, die das Opioid nahmen, nach einem Jahr Zeichen einer möglichen Abhängigkeit.

Kommen noch andere Medikamente infrage?

Manchmal werden zur Behandlung einer die Epilepsie-Medikamente Gabapentin oder Pregabalin eingesetzt. Diese auch Antikonvulsiva genannten Mittel sollen die Schmerzwahrnehmung beeinflussen. Viele Fachleute raten aber davon ab, weil sie bei nach bisherigem Wissen nicht helfen und oft zu Nebenwirkungen führen.

In einer Studie zu Pregabalin wurden Menschen mit ein Jahr lang regelmäßig zu ihren Beinschmerzen, Rückenschmerzen und Einschränkungen im Alltag befragt. Es zeigten sich keine Vorteile von Pregabalin gegenüber einem Scheinmedikament (). Pregabalin führte bei etwa 20 von 100 Personen zu Nebenwirkungen wie Schwindel, Schmerzen im Rumpfbereich und Erschöpfung. Das kann die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen. Zudem gibt es Hinweise, dass Pregabalin abhängig machen kann – insbesondere, wenn es zusammen mit anderen Mitteln wie Opioiden oder bei einer bestehenden Sucht eingesetzt wird. Auch Gabapentin hat sich in bisherigen Studien nicht als wirksam erwiesen.

Andere Medikamente, die gelegentlich bei Rückenschmerzen und eingesetzt werden, sind Mittel zur Muskelentspannung (Muskelrelaxantien), Kortison-Tabletten und das Antidepressivum Duloxetin, das auch zur Behandlung von Schmerzen zugelassen ist. Diese Mittel sind alle verschreibungspflichtig und haben Nebenwirkungen. Ob sie bei helfen, ist jedoch unklar. Fachleute empfehlen sie deshalb nicht.

Kann eine Physiotherapie helfen?

Eine Physiotherapie kommt meist erst infrage, wenn die Beschwerden etwa 3 Wochen anhalten. Denn leichte Beschwerden bessern sich oft schon nach 1 bis 2 Wochen – dann reicht es normalerweise, einfach abzuwarten. Manchmal sind Ischias-Schmerzen in den ersten Wochen auch so stark, dass gezielte Übungen noch nicht möglich sind.

In der gibt es verschiedene Ansätze zur Behandlung von Ischias-Schmerzen. Ein Beispiel ist die sogenannte Zentralisierung aus der McKenzie-Therapie. Die Idee dahinter ist, dass man die Beschwerden, die in der Regel auf einer Körperseite auftreten, in die Körpermitte verlagert („zentralisiert“). Das soll die Beschwerden im Gesäß oder Bein lindern. Dazu gibt es verschiedene Übungen, bei denen man auf dem Bauch liegt und sich in verschiedenen Varianten vom Boden wegdrückt. Der Schweregrad der Übungen wird dabei mit der Zeit erhöht. Andere Behandlungsansätze nutzen vor allem Methoden der .

Es gibt erste Hinweise, dass eine gezielte Ischias-Beschwerden kurzfristig etwas lindern könnte. Insgesamt ist ihre Wirksamkeit aber wissenschaftlich nicht gut untersucht.

Wann kommt eine Operation infrage?

Die häufigste Ursache für eine ist ein Bandscheibenvorfall. Er kann auch operativ behandelt werden. Durch einen kleinen Schnitt wird das vorgefallene Bandscheibengewebe entfernt, das den Nerv reizt.

Eine Operation wird in der Regel erwogen, wenn die Beschwerden den Alltag erheblich einschränken, sich innerhalb von 6 bis 12 Wochen nicht gebessert haben und konservative Behandlungen wie und Schmerzmittel keinen Erfolg hatten. Voraussetzung für eine OP ist außerdem, dass sich die Beschwerden durch einen im nachgewiesenen Bandscheibenvorfall erklären lassen.

Eine Operation lindert die Beschwerden schneller als eine . Der Eingriff ist jedoch mit Narkose- und Operationsrisiken verbunden – etwa Blutungen und Infektionen.

Bandscheibenvorfall im unteren Rücken: Operieren oder konservativ behandeln?

Vor der Entscheidung für oder gegen eine Operation ist es sinnvoll, sich gut über die Vor- und Nachteile zu informieren. Diese Entscheidungshilfe unterstützt dabei.

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Erstellt am 22. Januar 2025

Nächste geplante Aktualisierung: 2028

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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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