Was bringt eine Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta für Männer über 65?

Foto von Mann beim Walking

Männer über 65 Jahre haben häufiger ein großes Aneurysma der Bauchaorta als andere Menschen. Daher bieten ihnen die gesetzlichen Krankenkassen eine Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta an. Sie verringert das Risiko, dass ein Aneurysma reißt und man stirbt. Die Behandlung kann aber schwerwiegende Komplikationen mit sich bringen.

Ein Aneurysma der Bauchschlagader (Bauchaorta) reißt zwar nur selten. Wenn dies passiert, ist es aber ein Notfall und lebensbedrohlich. Für Männer ab 65 Jahren kann eine Früherkennungs-Untersuchung auf Bauchaorten-Aneurysmen sinnvoll sein. Sie dient dazu, große Aneurysmen zu entdecken, sodass sie vorbeugend operiert werden können. So soll ein Riss verhindert werden. Bei kleineren Ausbuchtungen wird regelmäßig kontrolliert, ob sie wachsen.

Allerdings hat die Früherkennung auch Nachteile: Dabei werden auch Aneurysmen entdeckt, die nie gesundheitliche Probleme bereitet hätten. Wenn ein Mann weiß, dass er ein Aneurysma hat, kann das für ihn sehr belastend sein.

Warum wird nur Männern eine Früherkennungs-Untersuchung angeboten?

Die Früherkennungs-Untersuchung von Aneurysmen wird nur Männern angeboten – Frauen nicht.

Der wichtigste Grund ist, dass Aneurysmen bei Frauen deutlich seltener sind, also nur wenige Frauen von der Früherkennung profitieren könnten. Hinzu kommt, dass ihr Risiko für Komplikationen durch eine vorbeugende Operation höher eingestuft wird als ihr Risiko für einen Riss. Es gibt nur eine Studie, die eine Früherkennungs-Untersuchung von Aneurysmen bei Frauen untersucht hat – diese konnte für Frauen keine Vorteile nachweisen.

Welche Ergebnisse liefert die Untersuchung?

Bei der Früherkennung wird der Durchmesser der Bauchschlagader mit einem Ultraschallgerät gemessen. Vom Ergebnis dieser Untersuchung hängt das weitere Vorgehen ab.

Wenn sich 1000 Männer ab 65 Jahren untersuchen lassen, ist mit folgenden Ergebnissen zu rechnen:

  • Etwa 980 von 1000 Männern haben kein Aneurysma: Der Durchmesser ihrer Bauchschlagader ist kleiner als 3 Zentimeter (cm). Dieses Ergebnis ist unauffällig.
  • Etwa 18 von 1000 Männern haben ein kleines bis mittleres Aneurysma: Bei einem Durchmesser zwischen 3 und 5,4 cm empfehlen Fachleute, die Bauchschlagader regelmäßig per Ultraschall zu kontrollieren. Wenn sie sich weiter dehnt, kann später ein operativer Eingriff sinnvoll sein.
  • Etwa 2 von 1000 Männern haben ein großes Aneurysma: Bei einem Durchmesser ab 5,5 cm ist das Risiko für einen Riss vergleichsweise hoch. Dann wird meist ein operativer Eingriff empfohlen.

Die folgende Grafik zeigt die Ergebnisse der Untersuchung noch einmal.

Das Flussdiagramm zeigt, mit welchem Ergebnis zu rechnen ist, wenn 1000 Männer ab 65 zur Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta gehen.

Aber:

  • Auch bei einem unauffälligen Ergebnis kann sich später noch ein Aneurysma entwickeln.
  • Es werden auch Aneurysmen gefunden, die niemals gesundheitliche Probleme bereitet hätten.

Welche Vorteile hat die Untersuchung?

Vor allem bei einem großen Aneurysma besteht die Gefahr, dass es in den nächsten Jahren unerwartet reißt. Die Früherkennung kann vor einem Riss mit lebensgefährlichem Blutverlust schützen.

Studien haben untersucht, wie viele Risse und Tode langfristig vermieden werden können, wenn ein Aneurysma frühzeitig entdeckt wird. Die folgende Schätzung zeigt, was Männer ab 65 in den 13 Jahren nach einer ungefähr erwarten können:

  Riss eines Aneurysmas Tod durch ein Aneurysma
ohne Früherkennung bei etwa 7 von 1000 etwa 6 von 1000
mit Früherkennung bei etwa 4 von 1000 etwa 3 von 1000
Das heißt: Etwa 3 von 1000 werden durch die Früherkennung vor einem Riss bewahrt. Etwa 3 von 1000 werden durch die Früherkennung vor dem Tod durch ein Aneurysma bewahrt.

Welche Nachteile hat die Untersuchung?

Ein Teil der Aneurysmen, die bei der Untersuchung gefunden werden, wäre ohne Früherkennung niemals aufgefallen. Sie wären nicht gerissen, Kontrolluntersuchungen oder operative Eingriffe wären nicht erforderlich gewesen. Leider lassen sich solche harmlosen Aneurysmen nicht sicher von gefährlichen unterscheiden.

Nach Schätzungen bleibt etwa die Hälfte der entdeckten Aneurysmen harmlos – vor allem kleine Aneurysmen. Das bedeutet:

Etwa 20 von 1000 Männern, die an der Untersuchung teilnehmen, erfahren von einem Aneurysma. Bei etwa 10 von ihnen hätte das Aneurysma aber keine Probleme bereitet.

Was ändert sich, wenn man von einem Aneurysma weiß?

Die kann unterschiedliche und auch widersprüchliche Gefühle auslösen. Manche Männer sind froh, dass ihr Aneurysma erkannt wurde – die Kontrolluntersuchungen geben ihnen ein Gefühl der Sicherheit.

Andere Männer hätten im Nachhinein lieber nicht von dem Aneurysma erfahren. Denn dieses Wissen kann Angst auslösen und verunsichern.

Viele Männer leben fortan in dem Bewusstsein, dass ihr Leben gefährdet ist. Beschwerden wie Bauchschmerzen können beängstigend sein. Außerdem schränken viele Männer aus Sorge vor einem Riss ihren Alltag ein. Sie werden vorsichtiger und meiden körperliche Belastungen.

Was geschieht bei einem operativen Eingriff?

Wenn bei der Früherkennung ein großes Aneurysma entdeckt wird, kann ein operativer Eingriff infrage kommen. Bei einer vorbeugenden Operation gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Das Aneurysma wird geöffnet und durch einen künstlichen Gefäßschlauch (Gefäß-Prothese) ersetzt. Für diese Operation ist ein Bauchschnitt erforderlich.
  • In das Aneurysma wird von innen ein Schlauch (Stent-Prothese) eingesetzt. Bei diesem Eingriff wird der Schlauch mit einem im Bereich der Leiste in die Beckenarterie eingeführt und bis zum Aneurysma vorgeschoben.

Beide Eingriffe können Leben retten. Sie können aber auch zu schwerwiegenden Komplikationen führen, beispielsweise einem Herzinfarkt, Schlaganfall, einer im Bereich der Gefäß-Prothese oder einer Lungenentzündung.

Deshalb muss individuell beurteilt werden, ob die Gefahr, die von einem Aneurysma ausgeht, eine Operation rechtfertigt. Die Entscheidung dafür oder dagegen hängt auch von dem Gesundheitszustand eines Mannes ab, seinem Alter und davon, wie er selbst die Vor- und Nachteile eines Eingriffs einschätzt.

Überwiegen die Vorteile oder Nachteile der Früherkennung?

Männer bewerten die Vor- und Nachteile der Früherkennungs-Untersuchung unterschiedlich. Manche möchten die Früherkennung nutzen, da für sie die Vorteile überwiegen. Andere entscheiden sich dagegen, weil die Nachteile für sie schwerer wiegen. Wer überlegt, ob eine Früherkennungs-Untersuchung der Bauchaorta für ihn infrage kommt, kann versuchen, sich mit einer Entscheidungshilfe einen Überblick zu verschaffen. Die Entscheidungshilfe kann dabei helfen, herauszufinden, was einem wichtig ist und zu welchen Fragen noch Informationen fehlen. Sie lässt sich außerdem nutzen, um ein Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt vorzubereiten.

Die Informationen dieses Textes können von der Seite des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) als Broschüre heruntergeladen werden.

Die Abbildung zeigt das Deckblatt der Versicherteninformation zum Bauchaorten-Aneurysma des G-BA.

Guirguis-Blake JM, Beil TL, Senger CA, Coppola EL. Primary Care Screening for Abdominal Aortic Aneurysm: A Systematic Evidence Review for the U.S. Preventive Services Task Force. (AHRQ Evidence Syntheses; No. 184). 2019.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen: Abschlussbericht; Auftrag S13-04. 2015.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Versicherteninformation zum Ultraschall-Screening auf Bauchaortenaneurysmen – Addendum zum Auftrag S13-04; Auftrag P16-01. 2016.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 15. Januar 2025

Nächste geplante Aktualisierung: 2028

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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