Warum Bewegung bei Rückenschmerzen wichtig ist

Foto von Yoga-Gruppe

Im Alltag möglichst aktiv zu bleiben und sich regelmäßig zu bewegen, gehört zu den wichtigsten Dingen, die Menschen mit Kreuzschmerzen tun können. Nachweislich helfen können Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur sowie Bewegungstherapien mit Übungen aus Pilates, Tai-Chi und Yoga.

Zu wenig Bewegung kann die Rückenmuskulatur schwächen, die Schmerzen verstärken – und auch weitere gesundheitliche Probleme zur Folge haben. Deshalb wird Menschen mit Rückenschmerzen heute sehr oft zu „mehr Bewegung“ und „aktiv bleiben“ geraten. Diese Empfehlung hat gute Gründe: Zum einen kann regelmäßige körperliche Bewegung Schmerzen nachweislich lindern. Zum anderen ist es sinnvoll, so gut wie möglich dem normalen Alltag nachzugehen und sich von den Schmerzen nicht zu sehr einschränken zu lassen. Denn wer sich zum Beispiel zurückzieht oder auf Dinge verzichtet, die eigentlich Freude bereiten, wird die Beschwerden als umso belastender empfinden.

Es gibt über 100 Studien, die verschiedene Bewegungstherapien untersucht haben. Sie gehören deshalb zu den mit Abstand am besten untersuchten Behandlungen. Bewegung und Sport gehören außerdem zu den wenigen Therapien, für die nachgewiesen ist, dass sie Rückenschmerzen lindern können. Dies ist auch der Grund, warum weltweit fast alle medizinischen Fachgesellschaften bei Rückenschmerzen ein regelmäßiges Bewegungstraining empfehlen.

Bewegungstherapien können Rückenschmerzen nicht immer völlig zum Verschwinden bringen, aber oft lindern und die allgemeine Fitness und Beweglichkeit verbessern. Studien zeigen außerdem: Wer wiederkehrende Rückenschmerzen hat, kann die Häufigkeit der Schmerzattacken durch regelmäßige Bewegung fast um die Hälfe senken.

Kann Bewegung bei Rückenschmerzen schaden?

Trotz Schmerzen aktiv zu bleiben, fällt oft schwer. Manche Menschen haben auch Angst, sich zu bewegen. Sie fürchten, dass die Schmerzen ein Zeichen für eine Rückenverletzung sind. Bei unspezifischen Rückenschmerzen trifft dies aber nicht zu. Zu ihrer Entstehung tragen meist viele verschiedene Faktoren bei: zum Beispiel eine schwache oder verspannte Rumpfmuskulatur, Fehlbelastungen, eine überempfindliche Schmerzverarbeitung im Gehirn sowie Stress und andere psychische Belastungen.

Wichtig ist

Wenn die Ärztin oder der Arzt (seltene) ernsthafte Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen hat, gibt es keinen Grund, sich vor Bewegung zu fürchten.

Welche Bewegungsarten eignen sich?

Trainingsmöglichkeiten, die sich bewährt haben, sind unter anderem:

  • Programme aus Kräftigungs- und Stabilisierungsübungen für die tiefe Bauch-, Rücken- und Beckenmuskulatur, Ausdauertraining sowie Dehnübungen für die Waden-, Hüft- und Oberschenkelmuskeln.
  • Pilates: Ein Ganzkörpertraining, bei dem ebenfalls viel Wert darauf gelegt wird, die tiefe Rumpfmuskulatur zu stärken.
  • Tai-Chi: Ursprünglich eine fernöstliche Kampfkunst, die heute mit langsamen, fließenden Bewegungen praktiziert wird. Tai-Chi kann Gleichgewicht und Koordination verbessern, die Muskulatur stärken und soll Körper und Geist zur Ruhe bringen.
  • Yoga: Eine aus Indien stammende Bewegungslehre, unter anderem mit dem Ziel, das Körperbewusstsein und die Gesundheit zu verbessern. Typischerweise werden beim Yoga verschiedene Positionen eingenommen oder Bewegungsfolgen geübt, die Kraft und Beweglichkeit, Körpergefühl und -haltung fördern.
  • Spazieren gehen: Erste Studien deuten darauf hin, dass selbst regelmäßige Spaziergänge oder flottes Gehen () bei Rückenschmerzen helfen – zum Beispiel jeden zweiten Tag für 30 bis 60 Minuten.

Ärztinnen, Ärzte oder physiotherapeutische Fachkräfte können dabei helfen, eine geeignete Trainingsart zu finden, die zu den eigenen Voraussetzungen passt und Spaß macht. Für Menschen mit Erkrankungen ist es zudem hilfreich, eine Kursleiterin oder einen Trainer mit entsprechender Erfahrung zu suchen.

Am Anfang ist dann etwas Durchhaltevermögen gefragt: Bis das Training wirkt, dauert es möglicherweise einige Wochen. Zudem muss sich der Körper an die zusätzliche Bewegung gewöhnen. Das kann anstrengend sein und zu harmlosem Muskelkater, manchmal aber auch vorübergehend zu stärkeren Schmerzen führen.

Was hilft, dabei zu bleiben?

Damit das Training auch langfristig hilft, muss man am Ball bleiben. Dies erfordert Motivation und fällt vielen Menschen auf Dauer schwer – vor allem, wenn sie beruflich oder privat sehr eingespannt sind. Wichtig ist dann, einen Weg zu finden, das Training konsequent in den Alltag einzubauen.

Vielen Menschen gelingt regelmäßige Bewegung besser, wenn sie Kurse an festen Terminen besuchen oder sich mit Freundinnen oder Freunden zum Training verabreden. Manche packen zum Beispiel schon vor der Arbeit die Sporttasche oder motivieren sich durch Belohnungen. Sinnvoll sind zudem Kontrolltermine in einer oder Arztpraxis. Dabei kann auch das Trainingsprogramm angepasst werden.

Wer während der Arbeit viel im Büro sitzt, kann dem Rücken mit regelmäßigen Bewegungspausen Gutes tun: aufstehen, sich recken, kurze Übungen machen und in der Mittagspause spazieren gehen. Manche Menschen motiviert zum Beispiel ein Fitness-Armband, oder sie richten sich am Handy oder Computer Erinnerungen ein.

Andere Möglichkeiten, mehr Bewegung in den Alltag einzubauen, sind zum Beispiel:

  • Rolltreppen oder Fahrstühle links liegen lassen und stets Treppen laufen.
  • Öfter mal eine Station vor dem Ziel aus der Bahn aussteigen und die restliche Strecke laufen.
  • So viele Strecken wie möglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen.
  • Beim Telefonieren aufstehen und umhergehen.

Rückenschule

In einer „“ werden Wissen und Techniken vermittelt, um Rückenschmerzen vorzubeugen oder zu lindern. Meist umfassen Rückenschul-Kurse einen theoretischen und einen praktischen Teil. Typische Inhalte sind Unterrichtseinheiten über den Aufbau der Wirbelsäule und des Rückens, Anleitungen zu „rückengerechten“ Bewegungen und rückenkräftigender Gymnastik. Rückenschul-Kurse werden zum Beispiel von Fitness-Studios und physiotherapeutischen Praxen angeboten.

Bisher ist nicht belegt, dass Rückenschul-Kurse bei Rückenschmerzen helfen können. In Studien halfen manche Programme etwas, andere zeigten keine Wirkung. Das Kursangebot ist jedoch breit, die Inhalte und Ansätze unterscheiden sich zum Teil deutlich. Dies könnte die unterschiedlichen Studienergebnisse erklären.

Chou R, Deyo R, Friedly J et al. Nonpharmacologic Therapies for Low Back Pain: A Systematic Review for an American College of Physicians Clinical Practice Guideline. Ann Intern Med 2017; 166(7): 493-505.

Medina-Mirapeix F, Escolar-Reina P, Gascón-Cánovas JJ et al. Personal characteristics influencing patients' adherence to home exercise during chronic pain: a qualitative study. J Rehabil Med 2009; 41(5): 347-352.

Oliveira CB, Maher CG, Pinto RZ et al. Clinical practice guidelines for the management of non-specific low back pain in primary care: an updated overview. Eur Spine J 2018; 27(11): 2791-2803.

Saragiotto BT, Maher CG, Yamato TP et al. Motor control exercise for chronic non-specific low-back pain. Cochrane Database Syst Rev 2016; (1): CD012004.

Sitthipornvorakul E, Klinsophon T, Sihawong R et al. The effects of walking intervention in patients with chronic low back pain: A meta-analysis of randomized controlled trials. Musculoskelet Sci Pract 2018; 34: 38-46.

Skelly AC, Chou R, Dettori JR et al. Noninvasive Nonpharmacological Treatment for Chronic Pain: A Systematic Review Update. (AHRQ Comparative Effectiveness Reviews; No. 227). 2020.

Steffens D, Maher CG, Pereira LS et al. Prevention of Low Back Pain: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Intern Med 2016; 176(2): 199-208.

Vanti C, Andreatta S, Borghi S et al. The effectiveness of walking versus exercise on pain and function in chronic low back pain: a systematic review and meta-analysis of randomized trials. Disabil Rehabil 2019; 41(6): 622-632.

Wieland LS, Skoetz N, Pilkington K et al. Yoga treatment for chronic non-specific low back pain. Cochrane Database Syst Rev 2017; (1): CD010671.

Yamato TP, Maher CG, Saragiotto BT et al. Pilates for low back pain. Cochrane Database Syst Rev 2015; (7): CD010265.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.

Seite kommentieren

Was möchten Sie uns mitteilen?

Wir freuen uns über jede Rückmeldung entweder über das Formular oder über gi-kontakt@iqwig.de. Ihre Bewertungen und Kommentare werden von uns ausgewertet, aber nicht veröffentlicht. Ihre Angaben werden von uns vertraulich behandelt.

Bitte beachten Sie, dass wir Sie nicht persönlich beraten können. Wir haben Hinweise zu Beratungsangeboten für Sie zusammengestellt.

Über diese Seite

Aktualisiert am 16. November 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

So halten wir Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unseren Newsletter oder Newsfeed. Auf YouTube finden Sie unsere wachsende Videosammlung.