Wann ist bei einem Bauchaorten-Aneurysma eine Operation sinnvoll?

Foto von Paar im Gespräch

Bei einem großen Aneurysma der Bauchschlagader besteht die Gefahr, dass es unerwartet reißt. Ein operativer Eingriff mittels offener Operation oder kann dem vorbeugen – er hat aber selbst Risiken. Die Entscheidung muss deshalb sorgfältig abgewogen werden.

Fällt bei einer ein großes Aneurysma der Bauchschlagader (Bauchaorta) auf, kann das sehr beängstigend sein. Je größer ein Aneurysma ist, desto größer ist das Risiko, dass es plötzlich reißt. Dennoch gilt: Die meisten Bauchaorten-Aneurysmen verursachen ein Leben lang keine Probleme.

Nach groben Schätzungen reißt ein Aneurysma der Bauchschlagader mit einem Durchmesser zwischen 5,5 und 7 Zentimetern (cm) bei etwa 1 bis 5 von 100 Männern innerhalb eines Jahres. Ab 7 cm Durchmesser ist das Risiko für einen Riss um ein Vielfaches höher. Frauen haben gewöhnlich eine etwas schmalere Bauchschlagader als Männer. Daher ist bei einem gleich großen Aneurysma – zum Beispiel von 5,5 cm – ihre Bauchschlagader bereits stärker gedehnt und ihr Risiko für einen Riss viel größer. Fachleute gehen davon aus, dass bei ihnen das Risiko bereits ab einem Durchmesser von 5 cm deutlich ansteigt.

Bei einem großen Bauchaorten-Aneurysma raten Ärztinnen und Ärzte häufig zu einem operativen Eingriff, um einem Riss vorzubeugen. Der operative Eingriff ist als offene Operation möglich oder endovaskulär mit einem . Es kann aber auch gute Gründe geben, auf einen Eingriff zu verzichten – zum Beispiel, weil ein schlechter Gesundheitszustand oder Begleiterkrankungen das Operationsrisiko erhöhen.

Soll ich mein Bauchaorten-Aneurysma operieren lassen?

Vor der Entscheidung für oder gegen einen operativen Eingriff ist es sinnvoll, sich gut über die Vor- und Nachteile zu informieren. Diese Entscheidungshilfe unterstützt dabei.

Operieren lassen: ja oder nein?

Ob ein Eingriff sinnvoll ist, hängt von zwei Fragen ab:

  • Wie groß ist das Risiko, dass das Aneurysma in den nächsten Jahren reißt?
  • Wie groß ist das Risiko eines vorbeugenden operativen Eingriffs?

Ärztinnen und Ärzte, die bei einem Bauchaorten-Aneurysma einen operativen Eingriff empfehlen, müssen auf das Recht auf eine zweite ärztliche Meinung hinweisen. Das bedeutet: Man hat die Möglichkeit, die Entscheidung für oder gegen den Eingriff noch einmal kostenlos mit einer anderen Spezialistin oder einem anderen Spezialisten zu besprechen.

Risiko für einen plötzlichen Riss

Ein Riss ist ein lebensbedrohlicher Notfall und muss sofort im Krankenhaus operiert werden. Über die Hälfte der Betroffenen stirbt, kurz nachdem ihr Aneurysma gerissen ist. Vor allem folgende Faktoren machen einen Riss wahrscheinlicher:

  • Bei Männern: Das Aneurysma ist größer als 5,5 cm.
  • Bei Frauen: Das Aneurysma ist größer als 5 cm.
  • Das Aneurysma ist schnell gewachsen - das heißt, mehr als 0,5 cm in einem halben Jahr oder mehr als 1 cm in einem Jahr.
  • Das Aneurysma verursacht Beschwerden wie Rücken- oder Bauchschmerzen oder Schmerzen in der Seite.

Risiken eines vorbeugenden operativen Eingriffs

Ein operativer Eingriff an einem Aneurysma kann Leben retten. Er birgt aber auch das Risiko für schwere Komplikationen, vor allem für Lungenkomplikationen und Herzschäden. Die eingesetzte Gefäß-Prothese kann sich infizieren. Man kann auch infolge des Eingriffs sterben, beispielsweise an einem Herz-Kreislauf-Versagen. Ob es zu Komplikationen kommt, hängt unter anderem vom gesundheitlichen Zustand ab: Herz-Kreislauf-Erkrankungen beispielsweise erhöhen das Risiko der Operation. Es kann außerdem vorkommen, dass kurz nach der Behandlung oder zu einem späteren Zeitpunkt ein weiterer Eingriff erforderlich ist.

Ärztinnen und Ärzte schätzen deshalb das Risiko für Komplikationen ab. Dabei sprechen folgende Faktoren gegen eine vorbeugende Operation:

  • Jemand hat weitere schwerwiegende Erkrankungen, zum Beispiel eine schwere Herzkrankheit.
  • Der allgemeine Gesundheitszustand ist so schlecht, dass ein Eingriff zu risikoreich erscheint, zum Beispiel aufgrund fortgeschrittenen Alters und damit verbundener Beschwerden.

Wichtig ist:

Ein Eingriff kommt infrage, wenn das Risiko, dass das Aneurysma in den nächsten Jahren reißt, größer erscheint als die Risiken einer Operation.

Was passiert, wenn nicht operiert wird?

Wenn ein Aneurysma nicht operiert wird, empfehlen Ärztinnen und Ärzte, es zu beobachten: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollen klären, ob das Aneurysma wächst und das Risiko für einen Riss steigt. Bei Bedarf kann erneut abgewogen werden, ob ein vorbeugender Eingriff infrage kommt. Kontrolliert wird meist mit Ultraschalluntersuchungen. Wie oft sie nötig sind, richtet sich vor allem nach der Größe des Aneurysmas: Kleine Aneurysmen werden seltener kontrolliert als größere.

Die Kontrolluntersuchungen geben einigen Menschen ein Gefühl der Sicherheit. Für viele Menschen ist es jedoch belastend, in dem Bewusstsein zu leben, dass sie durch das Aneurysma gefährdet sind.

Zusätzlich zu den Kontrollen empfehlen Ärztinnen und Ärzte, Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder erhöhte Blutfette zu behandeln. Wenn man raucht, wird dazu geraten, damit aufzuhören.

Welche Operationstechniken gibt es?

Es gibt zwei Techniken, um ein Aneurysma zu operieren:

  • offene Operation über einen Bauchschnitt
  • endovaskulärer Eingriff mit einem über einen kleinen Schnitt oder eine Einstichstelle in der Leiste
Die Grafik links zeigt den endovaskulären Eingriff über einen kleinen Schnitt in der Leiste und rechts die offene Operation über einen Bauchschnitt.

Vor dem Eingriff werden Bauchschlagader und Aneurysma mit einem bildgebenden Verfahren detailliert dargestellt, meist einer . Dies ist wichtig, um die Operation zu planen: Die Untersuchung soll klären, welches Operationsverfahren infrage kommt und ob es beispielsweise eine passende Prothese gibt oder wie groß diese sein muss. Eine geht mit einer Strahlenbelastung und gegebenenfalls der Gabe eines Kontrastmittels einher.

Ärztinnen und Ärzte bevorzugen das endovaskuläre Verfahren, wenn es medizinisch möglich ist. In Deutschland werden etwa 80 von 100 Patientinnen und Patienten endovaskulär und 20 von 100 offen operiert.

Wie läuft eine offene Operation ab?

Für die offene Operation ist eine erforderlich. Dann wird zunächst die Bauchdecke über einen Bauchschnitt geöffnet. Die Ärztinnen oder Ärzte unterbrechen den Blutstrom der Bauchschlagader, indem sie diese oberhalb und unterhalb des Aneurysmas abklemmen. Sie schneiden das Aneurysma auf, setzen dort einen Schlauch aus Kunststoff (Gefäß-Prothese) ein und befestigen diesen durch Nähte. Im Anschluss wird die Gefäßwand des aufgeschnittenen Aneurysmas um die Prothese gelegt, festgenäht und danach der Blutstrom wieder freigegeben.

Die Grafik zeigt links das geöffnete Aneurysma mit eingesetzter Gefäß-Prothese und rechts, wie das Blut danach durch die Prothese strömt.

Der Eingriff dauert etwa 3 Stunden. Im Anschluss an die Operation wird man zuerst für etwa 2 Tage auf die Intensivstation gebracht. Insgesamt bleibt man gewöhnlich für 1 oder 2 Wochen im Krankenhaus. Es kann mehrere Wochen bis Monate dauern, bis es wieder möglich ist, dem normalen Alltag nachzugehen. Nach der Operation werden im Abstand von 5 Jahren Kontrolluntersuchungen empfohlen.

Eine offene Operation kommt für Menschen mit schweren Begleiterkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der Atemwege oder der Niere häufig nicht infrage, weil sie zu gefährlich ist.

Wie läuft ein endovaskulärer Eingriff ab?

Bei dem endovaskulären Eingriff führt die Ärztin oder der Arzt einen in die Beckenarterie im Bereich der Leiste ein. An der Spitze des Katheters steckt eine Stent-Prothese. Das ist ein Schlauch aus Drahtgeflecht, der mit Kunststoff ummantelt ist.

Über diese Arterie wird die Katheterspitze mit dem Stent bis in das Aneurysma vorgeschoben. Ist das Aneurysma erreicht, entfaltet sich der Stent an der Spitze des Katheters und wird an die Innenwand der Bauchschlagader (Aorta) gepresst. Der wird anschließend zurückgezogen. Damit die Stent-Prothese an der richtigen Stelle platziert wird, wird die Schlagader während des Eingriffs mit Röntgenstrahlung und einem Kontrastmittel abgebildet.

Da sich die Bauchschlagader in die Beine verzweigt, wird der Vorgang auch auf der anderen Seite der Leiste wiederholt und die beiden Stents miteinander verbunden. Das Blut strömt dann durch den zusammengesetzten Stent. Mit der Zeit verwachsen die Enden des Stents mit der Gefäßwand. Dadurch wird die Wand entlastet, sodass die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass das Aneurysma weiter wächst oder reißt.

Die Grafik zeigt, wie ein Katheter mit Stent in die Beckenarterie eingeführt wird (links) und das Blut danach durch den Stent strömt (rechts).

Es wird meist unter operiert. Im Durchschnitt ist danach ein einwöchiger Krankenhausaufenthalt nötig. Bei komplexeren Eingriffen kann anfangs auch ein kurzer Aufenthalt auf der Intensivstation erforderlich sein. Es kann einige Wochen dauern, bis man vollständig genesen ist.

Nach dem Eingriff wird geprüft, ob die Stent-Prothese richtig liegt, dichthält und nicht geknickt ist. Fachleute empfehlen lebenslang Kontrolluntersuchungen: Nach einer ersten Kontrolle innerhalb von etwa 1 Monat nach dem Eingriff folgen weitere Untersuchungen in größeren Abständen, beispielsweise alle 1, 3 oder 5 Jahre. Die Stent-Prothese wird oft mithilfe einer überprüft, die mit einer Strahlenbelastung einhergeht. Manchmal wird stattdessen eine gemacht.

Wann kommt ein endovaskulärer Eingriff infrage?

Ein endovaskulärer Eingriff ist nicht immer möglich. Dies hängt davon ab, wie die Bauchschlagader beschaffen ist und wo genau andere Gefäße abzweigen. Außerdem muss es eine Stent-Prothese geben, die die passende Form und Größe hat.

Der endovaskuläre Eingriff ist schonender, bietet aber langfristig keine besseren Überlebenschancen als eine offene Operation. Außerdem erfordert er häufiger einen weiteren Eingriff und mehr Kontrolluntersuchungen.

Endovaskuläre Eingriffe sind für ältere Menschen eine Möglichkeit, für die eine offene Operation zu risikoreich ist, etwa aufgrund einer schweren Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankung.

Aber auch dann kann ein endovaskulärer Eingriff riskant sein. Eine Studie mit Männern, deren Gesundheitszustand keine offene Operation zuließ, deutet darauf hin, dass der endovaskuläre Eingriff für sie keine Vorteile hat: Es starben innerhalb der nächsten Jahre gleich viele Männer, unabhängig davon, ob sie endovaskulär operiert wurden oder ganz auf einen Eingriff verzichteten.

Welche Komplikationen können auftreten?

Sowohl eine offene Operation als auch ein endovaskulärer Eingriff können zu schweren Komplikationen führen. Man kann auch infolge des operativen Eingriffs sterben. Das Risiko, in den ersten 30 Tagen nach einem Eingriff zu sterben, ist bei einer offenen Operation höher als bei einem endovaskulären Eingriff. Für Männer zeigen verschiedene Studien jedoch, dass langfristig nach beiden Operationen gleich viele Männer sterben. Das dürfte auch auf Frauen zutreffen – aussagekräftige Studien mit Frauen gibt es aber nicht.

Ein operativer Eingriff kann außerdem weitere Komplikationen hervorrufen, beispielsweise einen Schlaganfall oder Lungenkomplikationen. Er kann den Herzmuskel schädigen oder die Funktion der Niere einschränken. Nach dem operativen Eingriff kann die Sexualität vorübergehend beeinträchtigt sein. Außerdem bestehen allgemeine Operationsrisiken, beispielsweise für eine oder eine gestörte Wundheilung.

Eine offene Operation ist in der Regel mit einem stärkeren Blutverlust verbunden als ein endovaskulärer Eingriff. Außerdem hinterlässt eine offene Operation eine größere Narbe. Manchmal kommt es im Bereich der Operationsnarbe zu einem Narbenbruch, der operiert werden muss. Ein weiterer Eingriff – meist ein kleinerer Eingriff mit einem – kann auch aus anderen Gründen erforderlich werden. Zum Beispiel kann sich nach einer offenen Operation die Gefäß-Prothese verschließen.

Nach einem endovaskulären Eingriff kann die Stent-Prothese verrutschen, sich zusetzen oder sie hält nicht dicht. Auch wenn die Stent-Prothese nicht richtig eingesetzt werden konnte, kann ein weiterer Eingriff nötig sein. Außerdem kann es zu Verletzungen der Beckenarterie kommen, über die der vorgeschoben wird. Nach einem endovaskulären Eingriff ist häufiger eine weitere operative Behandlung erforderlich als nach einer offenen Operation.

Wie häufig treten Komplikationen auf?

Die untenstehende Tabelle gibt einen Überblick, wie sich die beiden Verfahren in den möglichen Komplikationen unterscheiden. Sie zeigt, wie häufig jeweils Komplikationen auftreten. Allerdings ist zu beachten: Bei Männern entwickelt sich häufiger ein Aneurysma der Bauchschlagader als bei Frauen. Daher wurden in den meisten Studien fast ausschließlich Männer betrachtet. Gute Studien, die die zwei Verfahren für Frauen vergleichen, fehlen hingegen. Man weiß deshalb viel weniger über die Vor- und Nachteile von operativen Eingriffen bei Frauen mit Aneurysmen als bei Männern. Fachleute gehen aber davon aus, dass ein operativer Eingriff bei ihnen riskanter ist.

Die Informationen in der Tabelle stammen aus Studien mit Männern in einem insgesamt guten Gesundheitszustand. Frauen können die in der Tabelle genannten Zahlen als grobe Orientierung dienen. Am besten besprechen Frauen Fragen zu möglichen Komplikationen aber mit der Ärztin oder dem Arzt.

Tabelle: Vergleich offene Operation und endovaskulärer Eingriff bei Männern mit einem Bauchaorten-Aneurysma
  offene Operation endovaskulärer Eingriff
Für wen kommt der Eingriff infrage?
  • Personen mit einem relativ guten Gesundheitszustand
  • Personen mit einer geeigneten Beschaffenheit der Bauchschlagader
  • Eine passende Stent-Prothese ist verfügbar.
30 Tage nach dem Eingriff: Wie viele Männer sind gestorben? etwa 4 von 100 etwa 1 von 100
4 Jahre nach dem Eingriff: Wie viele Männer sind gestorben? 4 Jahre nach dem Eingriff besteht kein Unterschied mehr. In beiden Gruppen sind dann etwa 10 von 100 Männern gestorben.
Wie viele Männer hatten einen weiteren operativen Eingriff? etwa 7 von 100 etwa 16 von 100
einige Jahre nach dem Eingriff: Wie viele Männer hatten eine Komplikation der Lunge? etwa 8 von 100 etwa 3 von 100
Wie viele Männer hatten eine Nierenkomplikation? etwa 1 von 100 etwa 1 von 100
Wie viele Männer hatten einen nicht tödlichen ? etwa 1 von 100 etwa 1 von 100

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Aktualisiert am 15. Januar 2025

Nächste geplante Aktualisierung: 2028

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