Spinalkanalstenose: Wann kommt eine Operation infrage?

Foto von Pflegekraft und Patient im Krankenhaus

Eine Spinalkanalstenose kann operiert werden, wenn die Beschwerden über Monate oder Jahre anhalten, sehr belastend sind und andere Behandlungen nicht helfen. Bisher ist jedoch nicht nachgewiesen, dass eine Operation die Beschwerden dann lindert.

Bei einer Spinalkanalstenose ist der Spinalkanal der Wirbelsäule verengt. Durch eine Operation soll wieder mehr Platz geschaffen werden, um die darin verlaufenden Nerven und Gefäße zu entlasten. Dadurch sollen Beschwerden wie Schmerzen im unteren Rücken gelindert und Einschränkungen im Alltag verringert werden.

Eine Operation kommt infrage, wenn

  • die Beschwerden so stark sind, dass sie den Alltag einschränken,
  • sie über viele Monate oder länger anhalten,
  • konservative Behandlungen keinen Erfolg hatten und
  • eine bildgebende Untersuchung – meist eine Magnetresonanz-Tomografie () – Hinweise darauf liefert, dass eine Spinalkanalstenose die Beschwerden verursacht.

Vor der Entscheidung für eine Operation ist es wichtig, das Für und Wider sorgfältig abzuwägen. Dabei spielt auch die persönliche Situation eine Rolle, etwa gesundheitliche Voraussetzungen oder das Alter, das berufliche und private Umfeld, aber auch die eigenen Wünsche und Erwartungen an die Operation. Wer sich bei der Entscheidung unsicher ist, kann eine zweite ärztliche Meinung einholen.

Selten führt eine Spinalkanalstenose zu einem Notfall, bei dem die Nerven im Wirbelkanal so stark blockiert sind, dass Lähmungserscheinungen auftreten oder die Blase oder der Darm nicht mehr richtig funktionieren (Kauda-Syndrom). Dann ist eine Operation unvermeidbar.

Welche Operationstechniken gibt es?

Die häufigste Operationstechnik bei einer Spinalkanalstenose ist die knöcherne Dekompression. Dabei werden Knochen und Bänder entfernt, die den Wirbelkanal verengen und dadurch auf Nerven und Gefäße drücken. Da Knochen und Bänder wichtig für die Stabilität und Beweglichkeit der Wirbelsäule sind, wird bei einer Operation so wenig wie möglich davon entfernt.

Wenn zusätzlich ein Wirbelgleiten besteht, kann die Dekompression mit einer Versteifung kombiniert werden. Von einem Wirbelgleiten spricht man, wenn sich die Wirbel gegeneinander verschieben und nicht ganz übereinanderstehen. Die Versteifung von Wirbeln wird Fusion oder Spondylodese genannt.

Bei einer Versteifungs-Operation verbindet die Chirurgin oder der Chirurg die Wirbelkörper in diesem Bereich so miteinander, dass die Wirbel fest in ihrer Position bleiben, etwa mit Schrauben. Ist die Bandscheibe beschädigt, wird sie bei diesem Eingriff entfernt und der Raum zwischen den Wirbeln mit Knochen oder Titan-Implantaten ausgefüllt.

Andere Operationsverfahren wie eine sogenannte dynamische Stabilisierung und künstliche Platzhalter (interspinöse Spreizer) werden bei einer Spinalkanalstenose kaum eingesetzt. Sie werden von medizinischen Fachgesellschaften derzeit nicht zur Behandlung einer Spinalkanalstenose empfohlen.

Wird offen oder endoskopisch operiert?

Eine Dekompression mit oder ohne Versteifung ist als offene, mikrochirurgische oder endoskopische Operation möglich:

  • offene Operation: Bei der offenen Operation blickt die Chirurgin oder der Chirurg durch den Hautschnitt direkt auf die Operationsstelle. Hierfür wird manchmal ein Operationsmikroskop zur Hilfe genommen (mikrochirurgische Dekompression). Wenn ohne Mikroskop operiert wird, ist ein etwas größerer Hautschnitt nötig. Ob mit oder ohne Mikroskop: Die Operation erfordert eine und einen Krankenhausaufenthalt von einigen Tagen. Zu den Risiken des Eingriffs gehören Blutungen, Verletzungen von Nerven sowie Infektionen. Eine kann zu Komplikationen wie Atem- oder Kreislaufstörungen führen.
  • endoskopische Operation: Bei einem endoskopischen Eingriff – auch Schlüssellochchirurgie genannt – ist nur ein kleiner Schnitt von bis zu einem Zentimeter Länge nötig. Durch ein , das bis zur Operationsstelle vorgeschoben wird, werden besonders kleine Instrumente unter Röntgenkontrolle zur Operationsstelle geführt. Für diese Operation genügt eine örtliche Betäubung (). Von der endoskopischen Operation verspricht man sich eine schnellere Genesung und die Vermeidung von Operationsnarben, die ihrerseits Beschwerden verursachen können. Blutungen, Nervenverletzungen und Entzündungen gehören aber dennoch zu den Risiken des Eingriffs.

Kann eine Operation die Beschwerden lindern – und welche Risiken gibt es?

Nur wenige Studien haben untersucht, ob eine Operation Beschwerden besser lindert als eine . Die Studien zeigen widersprüchliche Ergebnisse – insgesamt aber keine Vorteile einer Operation.

Es gibt mehrere aussagekräftige Studien zu der Frage, ob bei gleichzeitigem Wirbelgleiten eine zusätzliche Versteifung der Wirbel sinnvoll ist. Dabei zeigte sich kein Vorteil einer Dekompression mit Versteifung gegenüber einer einfachen Dekompression.

Wenn zusätzlich Wirbel versteift werden, steigt jedoch das Risiko für Komplikationen. Dazu gehören ein starker Blutverlust während des Eingriffs, aber auch spätere Wundheilungsprobleme oder ein . Wegen einer Komplikation ins Krankenhaus mussten in einer großen Studie

  • nach einer Dekompression 6 bis 7 von 100 Personen (davon waren 1 bis 2 lebensbedrohlich erkrankt),
  • nach einer Versteifung 9 bis 10 von 100 Personen (davon waren 3 bis 4 lebensbedrohlich erkrankt).

Zudem ist nach einer Versteifung ein um 1 bis 2 Tage längerer Krankenhausaufenthalt nötig.

Nur äußerst selten werden Nerven bei einer Operation so schwer verletzt, dass es zu einer Lähmung kommt.

Gut zu wissen:

Ärztinnen und Ärzte, die eine Operation empfehlen, müssen auf das Recht auf eine kostenlose zweite ärztliche Meinung hinweisen. Auch die zur Operation bei Spinalkanalstenose und Erkrankungen der Wirbelsäule können beim Abwägen der Vor- und Nachteile eines solchen Eingriffs helfen.

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Erstellt am 09. August 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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