Polatuzumab Vedotin (Polivy) bei B-Zell-Lymphom

Einleitung

Polatuzumab Vedotin (Handelsname Polivy) ist seit Januar 2020 zur Behandlung des diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms zugelassen. Der Wirkstoff kommt für Erwachsene infrage, bei denen der Krebs fortschreitet oder erneut aufgetreten ist und für die keine Stammzelltransplantation infrage kommt. Polatuzumab Vedotin wird mit Bendamustin und Rituximab kombiniert. Seit Mai 2022 ist der Wirkstoff auch für das unbehandelte diffus großzellige B-Zell-Lymphom zugelassen. Dann wird Polatuzumab Vedotin mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison kombiniert.

Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom gehört zu Krebserkrankungen des Lymphsystems, bei denen weiße (B-Lymphozyten) oder deren Vorstufen krankhaft verändert sind und sich unkontrolliert vermehren. Die veränderten B-Lymphozyten können sich über die Lymphgefäße im Körper ausbreiten. Zu den ersten Symptomen gehört meist ein Anschwellen der Lymphknoten, bei einigen Betroffenen kommt es darüber hinaus zu Fieber, Nachtschweiß und ungewolltem Gewichtsverlust. Im fortgeschrittenen Stadium kann der Krebs auch beispielsweise die Leber, die Milz oder das befallen. Manche B-Zell-Lymphome wachsen nur langsam, das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom ist jedoch eine schnell wachsende Krebsart.

Polatuzumab Vedotin ist eine Kombination aus einem und einem Zellgift. Der soll an der Oberfläche der Krebszellen andocken und mit dem Zellgift aufgenommen werden. Im Inneren der Krebszellen wird das Gift freigesetzt und soll die Zellen abtöten.

Anwendung

Polatuzumab Vedotin wird als alle drei Wochen gegeben. Die Dosierung beträgt 1,8 mg pro kg Körpergewicht. Die erste dauert etwa 90 Minuten. Die Behandlung dauert insgesamt sechs Zyklen.

Treten zu starke Nebenwirkungen auf oder schreitet der Krebs fort, wird die Behandlung beendet.

Andere Behandlungen

Bei unbehandelten Patientinnen und Patienten kommt Rituximab in Kombination mit Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison infrage. Die Behandlung zielt dann darauf, alle Krebszellen abzutöten und so eine Heilung zu erreichen. Fachleute sprechen von einem „kurativen Therapieansatz“.

Die Behandlung eines fortgeschrittenen diffus großzelligen B-Zell-Lymphom, richtet sich bei Patientinnen und Patienten, für die keine Stammzelltransplantation infrage kommt, nach der Anzahl voriger systemischer Therapien und danach, ob eine chimäre Antigenrezeptor(CAR)-T-Zelltherapie möglich ist. Es können verschiedene Wirkstoffe (allein oder in Kombination) zum Einsatz kommen, wie beispielsweise Tafasitamab, Lenalidomid, Tisagenlecleucel, Axicabtagen-Ciloleucel, Lisocabtagen maraleucel.

Bewertung

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat 2024 geprüft, ob Polatuzumab Vedotin für unbehandelte und bereits behandelte Erwachsene mit fortgeschrittenem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom im Vergleich zu den oben genannten anderen Behandlungen Vor- oder Nachteile hat.

Für Patientinnen und Patienten eines fortgeschrittenen diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms legt der Hersteller keine geeigneten Daten vor.

Der Hersteller legte eine Studie vor, in der 1000 Patientinnen und Patienten mit unbehandeltem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom untersucht wurden. Alle Personen wurden mit Rituximab in Kombination mit Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison behandelt. Die eine Hälfte der Personen erhielt zusätzlich Vincristin, die andere Hälfte erhielt zusätzlich Polatuzumab Vedotin. Die Personen wurden bis zu etwas über drei Jahre untersucht. Es zeigten sich folgende Ergebnisse:

Welche Vorteile hat Polatuzumab Vedotin?

Scheitern des kurativen Therapieansatzes: Hier deutet die Studie auf einen Vorteil für die Männer in der Studie hin. Bei 34 von 100 Männern mit Polatuzumab Vedotin scheiterte der kurative Ansatz gegen den Krebs, das heißt, es blieben entweder Krebszellen nachweisbar, es gab einen oder die Person verstarb. In der Gruppe ohne Polatuzumab Vedotin war das bei 46 von 100 Männern der Fall.

Für die Frauen zeigte sich kein Unterschied.

Welche Nachteile hat Polatuzumab Vedotin?

Schwere febrile Neutropenie: Bei dieser schweren Nebenwirkung, bei der der Körper zu wenig Abwehrzellen hat und fiebert, deutet die Studie auf einen Nachteil von Polatuzumab Vedotin hin. Sie trat mit Polatuzumab Vedotin bei 13 von 100 Personen auf. Ohne Polatuzumab Vedotin war das bei 8 von 100 Personen der Fall.

Schwerer Durchfall: Bei dieser schweren Nebenwirkung deutet die Studie ebenfalls auf einen Nachteil für die Personen mit hohem Risiko für einen schlechten Krankheitsverlauf hin. Bei diesen Patientinnen und Patienten kam es mit Polatuzumab Vedotin bei 6 von 100 Personen zu schwerem Durchfall. In der Gruppe ohne Polatuzumab Vedotin war das bei 1 von 100 Personen der Fall.

Für Personen mit niedrigem Risiko für einen schlechten Krankheitsverlauf gab es keinen Unterschied.

Wo zeigte sich kein Unterschied?

Lebenserwartung: Hier zeigte sich kein Unterschied, 14 bis 15 von 100 Personen waren während der Studienzeit gestorben.

Schwere Nebenwirkungen insgesamt: Auch hier gab es keinen Unterschied. Sie traten bei 31 bis 34 von 100 Patientinnen und Patienten auf.

Krankheitsbeschwerden: Auch bei typischen Beschwerden wie beispielsweise (starke Erschöpfung), Schmerzen, Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust zeigte sich kein Unterschied.

Auch bei folgenden Aspekten zeigte sich kein Unterschied:

  • Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen
  • schweren Infektionen
  • Gesundheitszustand
  • gesundheitsbezogener Lebensqualität
  • Neurotoxizität (Schädigungen des Nervensystems)

Welche Fragen sind noch offen?

Zu peripheren Neuropathien (Störungen von Nerven des peripheren Nervensystems) und infusionsbedingten Reaktionen legte der Hersteller keine verwertbaren Daten vor.

Weitere Informationen

Dieser Text fasst die wichtigsten Ergebnisse der Gutachten zusammen, die das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses () im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln erstellt hat. Der beschließt auf Basis der Gutachten und eingegangener Stellungnahmen über den Zusatznutzen von Polatuzumab Vedotin (Polivy) bei unbehandeltem und vorbehandeltem B-Zell-Lymphom.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Polatuzumab Vedotin (Kombination mit Bendamustin und Rituximab, rezidivierendes oder refraktäres DLBCL) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Dossierbewertung; Projekt A23-140 26.03.2024. (IQWiG-Berichte; Band 1749); DOI: 10.60584/A23-140.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Polatuzumab Vedotin (Kombination mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison; bisher unbehandeltes DLBCL) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. Projekt A23-141. 26.03.2024. (IQWiG-Berichte; Band 1751); DOI:10.60584/A23-141.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Polatuzumab Vedotin (Kombination mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison; bisher unbehandeltes DLBCL) – Addendum zum Projekt A23-141; Projekt A24-60. 29.05.2024. (IQWiG-Berichte; Band 1801); DOI:10.60584/A24-60.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Über diese Seite

Aktualisiert am 21. Juni 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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