Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch

Foto von Patientin und Ärztin, die die Anwendung eines Medikaments erklärt

Bei einem medikamentösen Abbruch nimmt die Frau zwei Medikamente im Abstand von 24 bis 48 Stunden ein – das erste in der Arztpraxis, das zweite ebenfalls dort oder zu Hause. Die Medikamente lösen eine Blutung aus, die die Schwangerschaft beendet.

Wenn eine Frau ihre Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis abbrechen will, muss sie bestimmte Regelungen und Fristen einhalten. Ein Schwangerschaftsabbruch (umgangssprachlich auch Abtreibung genannt) kann medikamentös oder operativ vorgenommen werden.

Ein medikamentöser Abbruch ist laut Zulassung der Medikamente bis zur 9. Schwangerschaftswoche möglich – genauer: bis zum 63. Tag nach dem ersten Tag der letzten Monatsblutung. Eine ist nicht nötig. Es kann vorübergehend zu Nebenwirkungen wie Übelkeit und Unterleibskrämpfen kommen – schwere Nebenwirkungen sind aber selten.

Anders als der operative Abbruch dauert der medikamentöse Abbruch mehrere Tage. Die Medikamente lösen eine Blutung aus und die Frau erlebt so direkter, wie die Schwangerschaft endet.

Schwangerschaftsabbruch: mit Medikamenten oder einer Operation?

Diese Entscheidungshilfe zeigt genauer, welche Vor- und Nachteile die beiden Methoden haben. Sie kann dabei unterstützen, sich für ein Verfahren zu entscheiden.

Welche Voruntersuchungen werden gemacht?

Bei einer Voruntersuchung in der Praxis oder Klinik wird die Schwangerschaftswoche bestimmt. Außerdem klärt die Ärztin oder der Arzt ab, ob etwas gegen die Einnahme der Medikamente spricht – etwa eine frühere allergische Reaktion auf die Wirkstoffe oder Vorerkrankungen wie eine chronische Nierenerkrankung oder schwer kontrollierbares Asthma. Falls die Frau eine Spirale in der Gebärmutter liegen hat, wird diese entfernt.

Zu den Voruntersuchungen können gehören:

  • ein Gespräch, in dem die Ärztin oder der Arzt unter anderem nach der letzten Menstruation, vorherigen Schwangerschaften sowie nach Erkrankungen und aktuellen Beschwerden fragt,
  • eine gynäkologische Untersuchung,
  • eine ,
  • eine Untersuchung auf Chlamydien.

Die Ärztin oder der Arzt, die oder der den Abbruch durchführt, muss die Frau ausführlich über die verschiedenen Methoden des Schwangerschaftsabbruchs, den jeweiligen Ablauf sowie mögliche Komplikationen aufklären. Er oder sie muss auch ein Gespräch über die Gründe für den Schwangerschaftsabbruch anbieten. Dieses Gespräch ist jedoch freiwillig.

Es ist auch sinnvoll, schon im Vorgespräch über die Verhütung nach dem Abbruch zu sprechen. Denn schon kurz nach dem Abbruch kann die Frau erneut schwanger werden.

Welche Medikamente werden eingesetzt?

Für einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch werden zwei Medikamente im Abstand von 24 bis 48 Stunden eingenommen.

Das erste Medikament enthält den Wirkstoff Mifepriston (Handelsname: Mifegyne). Es hebt die Wirkung des Schwangerschaftshormons auf. Dadurch kann sich die Schwangerschaft nicht weiterentwickeln. Zudem bewirkt es, dass der Gebärmutterhals weicher wird und sich öffnet.

Das zweite Medikament enthält den Wirkstoff Misoprostol, ein . Auch Misoprostol führt dazu, dass sich der Gebärmutterhals öffnet. Es bewirkt außerdem, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht und die Schleimhaut samt Embryo mit einer Blutung ausgestoßen wird.

Es ist in der Regel nicht notwendig, vor einem medikamentösen Abbruch ein Antibiotikum einzunehmen. Dies wird nur vor einem operativen Abbruch empfohlen.

Wie läuft ein medikamentöser Abbruch ab?

Der Ablauf ist wie folgt:

  1. Zuerst nimmt die Frau drei Mifepriston-Tabletten in Anwesenheit einer Ärztin oder eines Arztes ein. Danach kann sie nach Hause gehen. Bei einigen Frauen kommt es noch am selben Tag zu einer Blutung, die der normalen Regelblutung ähnelt.
  2. Das zweite Medikament Misoprostol wird 24 bis 48 Stunden später angewendet. Die Frau nimmt es als Tablette, löst es in der Mundhöhle auf oder legt es in die Scheide ein. Dies kann zu Hause geschehen – dafür gibt die Ärztin oder der Arzt das Medikament mit. Fachleute empfehlen, zusätzlich ein Schmerzmittel aus der Gruppe der wie oder Diclofenac und ein Mittel gegen Übelkeit einzunehmen, um Nebenwirkungen abzumildern. Manche Frauen brauchen auch ein stärkeres Schmerzmittel.
    Ungefähr 2 bis 3 Stunden nach der Anwendung von Misoprostol setzt bei etwa der Hälfte der Frauen eine Blutung ein und die Gebärmutterschleimhaut mit dem Embryo wird ausgestoßen.
  3. Wenn die Abbruchblutung nach drei Stunden nicht begonnen hat, kann eine zweite Dosis Misoprostol angewendet werden.

Die Abbruchblutung ist stärker als eine Regelblutung und kann Blutgerinnsel und Gewebestücke enthalten. Es ist sinnvoll, dicke Binden zu verwenden. Bei einem Abbruch nach der 8. Schwangerschaftswoche kann ein circa 2 Zentimeter großer Embryo sichtbar sein.

Vor allem nach der Einnahme des zweiten Medikaments tut es vielen Frauen gut, in Ruhe in einer vertrauten Umgebung zu sein und eine nahestehende Person um sich zu haben. Außerdem ist es wichtig, dass jederzeit eine Toilette verfügbar ist. Bei Problemen und Fragen kann die Frau die Praxis oder Klinik anrufen.

Die Blutungen halten durchschnittlich neun Tage lang an. Sie können etwas stärker sein als eine Regelblutung. Schwache Blutungen können noch mehrere Wochen lang auftreten – das ist aber selten. Sie können ein Hinweis sein, dass der Abbruch nicht vollständig war. Für den medikamentösen Abbruch und die Tage danach kann die Frau sich arbeitsunfähig schreiben lassen. Der Arbeitgeber erhält dabei keine Informationen über den Grund der Krankschreibung.

Welche Nebenwirkungen hat ein medikamentöser Abbruch?

Als häufigere Nebenwirkungen der Medikamente können Unterleibskrämpfe und -schmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Schwindel auftreten. Diese werden vor allem durch Misoprostol verursacht.

Bei 30 bis 50 von 1000 medikamentösen Abbrüchen bleiben Reste der Schleimhaut oder des Embryos in der Gebärmutter zurück. Symptome sind Blutungen, Unterbauchschmerzen und Fieber. Diese Gewebereste können mit der nächsten Regelblutung abgehen. Es ist auch möglich, eine weitere Dosis Misoprostol einzunehmen, damit sie ausgestoßen werden. Manchmal werden sie operativ entfernt.

Selten kommt es nach einem medikamentösen Abbruch zu:

  • schweren Blutungen (bei 10 von 1000 Frauen)
  • Infektionen im Becken (bei 1 von 1000 Frauen). Anzeichen dafür sind Fieber und Schmerzen. Sie können mit behandelt werden.

Sehr selten können in der Gebärmutterhöhle entstehen, die zu Störungen der Regelblutung und Regelschmerzen führen. Diese Spätfolge wird Asherman-Syndrom genannt und kommt nach etwa 1 von 10.000 medikamentösen Abbrüchen vor – allerdings nur, wenn aufgrund eines unvollständigen Abbruchs eine Ausschabung gemacht wird.

Es ist wichtig, eine Arztpraxis oder Klinik aufzusuchen, wenn

  • es zu längeren oder stärkeren Blutungen kommt (mehr als 4 vollgesogene große Binden innerhalb von 2 Stunden),
  • Fieber länger als 24 Stunden anhält oder
  • die Frau sich nach der Anwendung von Misoprostol länger als 24 Stunden sehr unwohl fühlt.

Was muss bei der Einnahme der Medikamente beachtet werden?

Wer gerinnungshemmende Medikamente oder bestimmte (, Diclofenac) einnimmt, eine Gerinnungsstörung oder hat, sollte darüber vorab die Ärztin oder den Arzt informieren, da dann das Risiko für eine starke Blutung durch den Abbruch höher ist.

Mifepriston kann die Wirkung von kortisonhaltigen Medikamenten – zum Beispiel Asthmasprays – abschwächen. Dann kann am Tag des Abbruchs die Kortison-Dosis erhöht werden.

Medizinischen Fachgesellschaften zufolge ist ein medikamentöser Abbruch in der Stillzeit möglich. In der Packungsbeilage des Medikaments mit Mifepriston wird jedoch von der Anwendung während des Stillens abgeraten, da der Wirkstoff theoretisch in die Muttermilch übergehen kann. Um dies zu vermeiden, genügt aber nach der Einnahme eine Stillpause von vier Tagen.

Wie zuverlässig ist ein medikamentöser Abbruch?

Normalerweise hören etwa zehn Tage nach dem medikamentösen Abbruch die Blutungen auf. Das sicherste Zeichen, dass der Abbruch erfolgreich war, ist die nächste Regelblutung. Diese setzt jedoch oft erst einige Wochen nach dem Abbruch ein.

Bei 10 von 1000 Frauen schlägt der Abbruch fehl und die Schwangerschaft bleibt bestehen. Wird dies direkt erkannt – zum Beispiel, weil die Frau kaum Blutungen hat –, kann sie eine weitere Dosis Misoprostol einnehmen. Ansonsten kommt ein operativer Schwangerschaftsabbruch infrage. Wenn die Schwangerschaft doch ausgetragen wird, besteht ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen des Kindes durch den Wirkstoff Misoprostol.

Ist eine Nachkontrolle notwendig?

Eine Kontrolle nach dem medikamentösen Abbruch ist sinnvoll, weil die Frau eine fortbestehende Schwangerschaft nicht immer selbst erkennt. Dazu kann die Ärztin oder der Arzt eine machen. Ist dies nicht gewünscht, kann die Frau etwa zwei Wochen nach dem Abbruch selbst einen speziellen Urin-Schwangerschaftstest machen. Hierzu berät die Ärztin oder der Arzt. Ist der Test negativ und hat die Frau keine ungewöhnlichen Beschwerden wie Fieber und Schmerzen, ist keine Nachkontrolle in der Klinik oder Arztpraxis nötig.

Es ist auch möglich, statt einem Besuch in einer Arztpraxis ein Nachsorgegespräch über Video oder Telefon zu führen und das Ergebnis des Urintests zu besprechen – sofern die Arztpraxis dies anbietet.

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Familienplanung.de: Schwangerschaftsabbruch.

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon (S2k-Leitlinie). AWMF-Registernr.: 015-094. 2023.

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Evidenzrecherche zur S3-Leitlinie Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon; Projektnummer: V21-12. 2023.

Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie (Embryotox.de). Misoprostol. 2024.

World Health Organization (WHO). Abortion care guideline. 2022.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Über diese Seite

Erstellt am 05. Juni 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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