Medikamente zur Vorbeugung von Gelenkschäden

Foto von Medikamenteneinnahme

Eine kann die Gelenke dauerhaft schädigen. Sogenannte krankheitsmodifizierende Medikamente können das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten. Sie helfen auch gegen Schmerzen und Schwellungen.

Krankheitsmodifizierende Medikamente hemmen bei Rheuma die Entzündungsprozesse in den Gelenken und beugen dadurch Gelenkschäden vor. Sie werden regelmäßig und dauerhaft angewendet – also nicht nur bei Beschwerden. Bis man ihre Wirkung spürt, dauert es mehrere Wochen oder Monate. Nach der englischen Bezeichnung „Disease-Modifying-Anti-Rheumatic-Drugs“ werden sie manchmal auch kurz „DMARDs“ genannt.

Es gibt drei große Gruppen krankheitsmodifizierender Medikamente, die auch als Basismedikamente bezeichnet werden:

  • klassische Mittel (konventionelle synthetische DMARDs)
  • biotechnologisch hergestellte Mittel (sogenannte oder bDMARDs)
  • zielgerichtete synthetische Mittel (sogenannte „targeted synthetic“ oder tsDMARDs)

Was sind klassische krankheitsmodifizierende Medikamente?

Am Anfang einer Rheumabehandlung empfehlen Ärztinnen und Ärzte klassische krankheitsmodifizierende Medikamente. Dazu gehören:

  • Methotrexat (MTX)
  • Leflunomid
  • (Hydroxy)Chloroquin
  • Sulfasalazin

Von diesen Medikamenten gilt Methotrexat langfristig als am besten verträglich. Normalerweise wird die daher mit diesem Mittel begonnen. Methotrexat wird einmal pro Woche als Tablette eingenommen oder als Lösung gespritzt. Die übliche Dosis liegt – je nach Körpergewicht – bei 15 bis 25 mg und wird in den ersten Wochen langsam gesteigert.

Die einzelnen klassischen krankheitsmodifizierenden Mittel wirken unterschiedlich – und auch nicht bei jedem Menschen gleich. Das heißt: Wenn ein Medikament nicht hilft oder man es schlecht verträgt, kommen andere infrage.

Wie werden die Medikamente eingesetzt?

Welche Medikamente eingesetzt werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab: zum Beispiel davon, wie die Ärztin oder der Arzt den Verlauf der rheumatoiden Arthritis einschätzt, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist und ob bestimmte Mittel nicht infrage kommen, etwa wegen anderer Erkrankungen.

In der Regel beginnt die Rheumabehandlung mit Methotrexat als Basistherapie. Da es einige Zeit dauern kann, bis das Medikament wirkt, wird es anfangs häufig mit dem Kortisonpräparat Prednisolon kombiniert. Nach einigen Wochen kontrolliert die Ärztin oder der Arzt, ob die Behandlung hilft. Dazu macht sie oder er körperliche Untersuchungen, Bluttests und manchmal auch Röntgenbilder.

Nach sechs Monaten sollten die Entzündungen vollständig oder zumindest deutlich zurückgegangen sein. Falls nicht, kann Methotrexat mit einem anderen klassischen krankheitsmodifizierenden Medikament oder einem Biologikum kombiniert werden. Wer das Methotrexat nicht verträgt, kann die Behandlung auch nur mit einem Biologikum fortsetzen.

Die langfristige Behandlung mit einem krankheitsmodifizierenden Medikament soll Gelenkschäden möglichst verhindern oder lange hinauszögern. Manche Menschen müssen irgendwann das Mittel wechseln, weil sie es nicht gut vertragen oder weil es nicht mehr ausreichend wirkt. Andere können die Dosis und Anzahl der Medikamente irgendwann verringern. Einigen Menschen helfen krankheitsmodifizierende Medikamente allerdings nicht spürbar, sodass sie die Einnahme beenden.

Wie wirksam sind Mittel wie Methotrexat?

Studien zeigen, dass klassische krankheitsmodifizierende Medikamente Gelenkschäden vorbeugen und Beschwerden lindern können. In diesen Untersuchungen gilt die Behandlung als wirksam, wenn die Gelenkschwellungen zurückgehen und mindestens drei der folgenden Verbesserungen eintreten:

  • Die Schmerzen lassen nach.
  • Entzündungsreaktionen gehen zurück.
  • Die Gelenkfunktion verbessert sich.
  • Der Gesundheitszustand wird insgesamt besser bewertet.

Eine Auswertung von Studien zu Methotrexat über einen Zeitraum von einem Jahr zeigt:

  • Bei 23 von 100 Menschen, die Methotrexat nahmen, gingen die Beschwerden um mindestens die Hälfte zurück.
  • Bei 8 von 100 Menschen, die ein Scheinmedikament () nahmen, gingen die Beschwerden im gleichen Ausmaß zurück.

Auch Beschwerden wie Morgensteifigkeit ließen bei deutlich mehr Menschen nach, wenn sie ein klassisches krankheitsmodifizierendes Medikament nahmen.

Ob ein bestimmtes Mittel aus dieser Medikamentengruppe aber besser hilft als andere, ist nicht gut untersucht.

Welche Nebenwirkungen haben klassische krankheitsmodifizierende Medikamente?

Methotrexat wird am häufigsten eingesetzt, weil es in der Regel am besten vertragen wird. Trotzdem kann es verschiedene Nebenwirkungen haben. Dazu gehören

  • Magen-Darm-Probleme und Übelkeit: bei etwa 5 von 100 Personen, vor allem zu Beginn der Einnahme.
  • Infektionen der oberen Atemwege: Etwa 12 von 100 Personen hatten innerhalb des ersten Jahres häufiger Erkältungen oder eine akute Bronchitis.
  • Haarausfall: bei etwa 5 von 100 Personen.
  • Entzündungen der Mundschleimhaut: bei etwa 4 von 100 Personen.

Die meisten Menschen kommen mit den Nebenwirkungen gut zurecht. Bei 3 von 100 sind sie aber so ausgeprägt, dass sie die Behandlung deswegen abbrechen.

Auch Leflunomid, Hydroxychloroquin und Sulfasalazin können Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden und Übelkeit auslösen. Leflunomid kann zudem zu einer Gewichtszunahme führen und den Blutdruck erhöhen. Sulfasalazin kann zu allergischen Hautreaktionen und Hydroxychloroquin zu Sehstörungen führen.

Viele Menschen nehmen leichte Nebenwirkungen in Kauf, weil sie merken, dass ihnen die Behandlung hilft und sie im Alltag mit der Erkrankung besser zurechtkommen. Zudem treten leichte Nebenwirkungen oft nur vorübergehend auf. Das zeigt sich auch in Studien: Menschen, die diese Mittel nehmen, setzen die Behandlung insgesamt häufiger fort als Menschen, die ein Scheinmedikament ohne Wirkstoff anwenden.

Was kann man gegen Nebenwirkungen tun?

Einige Nebenwirkungen von Methotrexat werden dadurch verursacht, dass das Mittel die Wirkung von im Körper hemmt. Das Risiko für Nebenwirkungen lässt sich also senken, wenn man zusätzlich einmal pro Woche niedrig dosierte (5 bis 10 mg) einnimmt. In Studien konnte dadurch mehr als die Hälfte der Menschen, die Nebenwirkungen hatten, die Methotrexat-Behandlung fortsetzen.

Eine andere Möglichkeit ist es, Methotrexat unter die Haut oder in den Muskel zu spritzen, anstatt eine Tablette zu nehmen: Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall und Entzündungen der Mundschleimhaut treten dann seltener auf.

Als Folge der erhöhten Infektionsanfälligkeit kommt es bei den klassischen krankheitsmodifizierenden Mitteln eher zu Lungenentzündungen. Sehr selten haben die Medikamente auch andere ernsthafte Nebenwirkungen wie Veränderungen des Blutbilds oder Leberschäden. Um solche Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen, kontrolliert die Ärztin oder der Arzt regelmäßig Blut- und Urinwerte. Grundsätzlich ist es wichtig, ärztlichen Rat zu suchen, wenn Nebenwirkungen auftreten.

Bei der Wahl der Medikamente ist es außerdem wichtig, Vorerkrankungen zu berücksichtigen. Zum Beispiel kann Hydroxychloroquin sehr selten die schädigen und eignet sich daher nicht für Menschen mit Netzhauterkrankungen. Sulfasalazin kann zu allergischen Hautreaktionen führen und daher bei bestimmten Allergien nicht eingesetzt werden.

Was ist bei einem Kinderwunsch oder in der Schwangerschaft zu beachten?

Methotrexat und Leflunomid können in der Schwangerschaft zu Fehlbildungen beim Ungeborenen führen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Mittel bei Männern das Erbgut der Spermien schädigen könnten. Solange man diese Mittel nimmt, ist es daher wichtig, sicher zu verhüten. Auch nach Ende einer Behandlung mit Methotrexat sollte noch für 6 Monate sicher verhütet werden – bei Leflunomid sogar für 2 Jahre. In der Stillzeit dürfen Methotrexat und Leflunomid ebenfalls nicht eingenommen werden.

Frauen mit Rheuma, die sich ein Kind wünschen, sprechen am besten schon vor einer Schwangerschaft mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt. Ein Beratungsgespräch ist spätestens nötig, wenn eine Frau erfährt, dass sie schwanger ist.

Es gibt auch Hinweise darauf, dass Methotrexat die Fruchtbarkeit bei Frauen und Männern senken kann, solange das Mittel eingenommen wird. Auch Sulfasalazin kann die Spermienzahl bei Männern verringern.

Wann kommen Biologika infrage?

werden aus lebenden Zellkulturen gewonnen. Sie hemmen zum Beispiel bestimmte Signalstoffe des körpereigenen Abwehrsystems und beeinflussen dadurch die rheumatischen Entzündungsprozesse. Die Mittel werden auch „biologische krankheitsmodifizierende Medikamente“ genannt.

kommen für Menschen infrage, denen eine Behandlung mit klassischen krankheitsmodifizierenden Medikamenten nicht ausreichend hilft. In der Regel werden die Mittel mit Methotrexat kombiniert. Wer Methotrexat nicht verträgt, kann die Behandlung auch direkt mit einem Biologikum beginnen. Alle bislang zugelassenen werden gespritzt oder als gegeben. Man kann sich diese Medikamente auch selbst unter die Haut spritzen.

Zu den in Deutschland zugelassenen biologischen krankheitsmodifizierenden Medikamente gehören:

  • Abatacept
  • Adalimumab
  • Anakinra
  • Certolizumab pegol
  • Etanercept
  • Golimumab
  • Infliximab
  • Rituximab
  • Tocilizumab

können Schmerzen, Schwellungen und Morgensteifigkeit lindern und helfen bei Abgeschlagenheit. Menschen, die zusätzlich zur Basistherapie mit Methotrexat ein Biologikum bekommen, sind Studien zufolge häufiger beschwerdefrei oder haben deutlich weniger Beschwerden als Menschen, die nur die Basistherapie erhalten.

Auch können allerdings verschiedene Nebenwirkungen haben. An den Einstichstellen der Spritze oder kann es zu Hautausschlag, Juckreiz oder Schmerzen kommen. Häufigere Atemwegsinfektionen sind ebenfalls möglich.

Bei 9 von 100 Personen kommt es zu einer , bei 2 von 100 zu einer schweren .

Wann werden die neuen zielgerichteten synthetischen Mittel angewendet?

Wie die kommen die zielgerichteten synthetischen Mittel alternativ oder ergänzend infrage, wenn eine Behandlung mit klassischen krankheitsmodifizierenden Medikamenten nicht oder nicht ausreichend hilft. Auch sie werden häufig mit Methotrexat kombiniert.

Bei diesen Mitteln handelt es sich um chemisch hergestellte Wirkstoffe. Sie richten sich gezielt gegen bestimmte Substanzen im Blut, die Janus-Kinasen oder Phosphodiesterase-4, die an der Entstehung einer rheumatischen Erkrankung beteiligt sind. Diese Medikamente können – anders als die – als Tabletten eingenommen werden.

Die Janus-Kinase-(JAK-)Hemmer sind:

  • Tofacitinib
  • Baricitinib
  • Upadacitinib
  • Filgotinib

Die Medikamente haben eine mit vergleichbare Wirkung, kommen aber aufgrund ihrer möglichen Nebenwirkungen derzeit nicht für alle Betroffenen infrage. Studien deuten zum Beispiel darauf hin, dass Personen mit Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen, die den JAK-Hemmer Tofacitinib einnehmen, häufiger Thrombosen und Embolien bekommen.

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Aktualisiert am 15. November 2023

Nächste geplante Aktualisierung: 2026

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