Ich habe die Einsamkeit mit Alkohol betäubt
Der Preis dafür war: wenig soziale Kontakte und wenig Partys. Für Vergnügungen blieb keine Zeit. Ich war oft sehr einsam. Irgendwann habe ich mir gedacht: Ich will mal probieren, wie Wein wirkt. Ich habe mir Rotwein gekauft, weil ich dachte, er wäre süß. Das Zeug schmeckte schrecklich, und ich bekam Kopfschmerzen. Aber irgendwann hatte ich diese Phase „überwunden“. Ich trank nie große Mengen, dennoch spürte ich mit der Zeit eine angenehme Wirkung. Ich fühlte mich geborgen, ein bisschen wie betäubt und warm. Ich dachte: Mit diesem Gefühl komme ich gut durch den Tag und die Nacht. Ich habe vorwiegend abends getrunken, zum Einschlafen. Das ging bis zum Ende meiner Ausbildung ganz gut so.
Nach der Ausbildung hatte ich mehr Geld. Der soziale Aufstieg war mein Ziel. Und ich wollte mich mit Freunden umgeben, die ein höheres Bildungsniveau hatten als ich. In diesen Kreisen wurde kein Bier getrunken und kein harter Alkohol. Wir tranken Wein und waren sogenannte Genusstrinker. Und das sehr gediegen, zum Beispiel zu französischem Essen.
Später habe ich ein Studium angefangen. Damals kamen die sogenannten Szenekneipen in Mode. Da verkehrte man am Abend, es herrschte eine gute Atmosphäre. Das blieb alles in Maßen mit dem Alkohol, aber wir haben regelmäßig getrunken. Es war eine schöne Zeit. Wir hatten viel Spaß und es gab ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Ich war nie betrunken und ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass ich ein Problem mit Alkohol habe. Ich hatte nur dieses angenehme Gefühl, wenn ich trinke. Das hat mich beruhigt. Der Alkohol war wie ein wärmender und schützender Mantel.