Ich hatte wirklich Glück im Unglück, dass die Diagnose schnell feststand

Foto von zwei Männern im Gespräch

Stefan, 45 Jahre

„Zuerst hatte ich nur leichte Rückenschmerzen und dachte, ich hätte mir etwas ausgerenkt. Ich habe gar nicht an etwas so Gefährliches gedacht. Irgendwann konnte ich nur noch sitzen und nicht mehr liegen, weil ich sonst keine Luft bekam. Der Arzt hat dann zum Glück sofort reagiert.“

Begonnen hat alles mit einer Blinddarm-Operation vor fünf Jahren. Die OP selbst ist gut gelaufen, aber die Betreuung danach im Krankenhaus war nicht gut. Die Organisation der Stationsabläufe war chaotisch und das Personal überlastet.

Ich hatte bis dahin keine Erfahrung mit Krankenhäusern und den Abläufen rund um eine Operation. Deswegen war mir gar nicht aufgefallen, dass ich nach der OP keine Thrombosespritzen bekommen hatte.

Nach drei Tagen wurde ich wieder entlassen und ein paar Tage später bin ich mit der Familie in Urlaub gefahren. Ich hatte die Ärzte in der Klinik vorher gefragt, und die hatten mir grünes Licht gegeben. Es war eine lange Autofahrt nach Österreich, in die Berge – eigentlich zum Skifahren, was natürlich nicht ging. Aber zumindest wollte ich mich erholen und in der Natur sein. Darauf hatte ich mich nach dem Schreck der OP gefreut.

Es fing mit leichten Rückenschmerzen an

Am zweiten Urlaubstag hatte ich leichte Schmerzen im Rücken: Mir taten hinten die Rippen weh, genau in der Mitte zwischen Wirbelsäule und Flanke. Ich dachte, ich hätte mir etwas ausgerenkt, und habe versucht, mich zu dehnen und wieder einzurenken. Ohne Erfolg.

Die Schmerzen wurden dann immer stärker. Atemnot hatte ich aber noch nicht. Irgendwann konnte ich nur noch auf der Seite liegen und nicht mehr auf dem Rücken. Und später gar nicht mehr liegen, sondern nur noch sitzen, weil die Schmerzen sonst stärker wurden und ich keine Luft bekam. Das hatte ich so noch nie.

Am nächsten Tag wurden die Schmerzen unerträglich, ich fing an zu schwitzen, mir war schlecht – und das hat mich doch beunruhigt. Deswegen bin ich zum Bergdoktor im Ort gegangen, der normalerweise die Skifahrer mit Knochenbrüchen versorgt.

Der hat Gott sei Dank sofort reagiert und mich auf den Kopf gestellt: Blut abgenommen und einen Ultraschall gemacht. Und nach dem Ergebnis der Blutuntersuchung sofort Alarm geschlagen: Ich sollte liegen bleiben, weil sie einen Verdacht hätten. Sie haben mir aber nicht gesagt, welchen. Anscheinend war ein Wert im Blut sehr stark erhöht und auch die Entzündungswerte waren nicht normal.

Mir wurde erst nachher klar, dass ich in Lebensgefahr war

Ich wurde in das nächstgelegene Krankenhaus gefahren. Dort haben sie sich per Ultraschall die Beingefäße angeschaut, ob sie eine Thrombose finden. Und beim Herzultraschall haben sie gesehen, dass das rechte Herz sehr belastet war und viel pumpen musste. Ich kam in die Röhre für eine MRT-Untersuchung. Danach war die klar: Lungenembolie.

Ich bekam sofort eine mit Medikamenten, die Gerinnsel auflösen. Und auch Heparin, ein Medikament gegen weitere Blutgerinnsel, sowie starke Schmerzmittel. Als Folge der Lungenembolie entwickelte sich zusätzlich eine beidseitige Lungenentzündung, die mit behandelt wurde. Danach war ich außer Lebensgefahr.

Im Nachhinein war ich schockiert, als ich erfuhr, wie gefährlich es war. Das musste ich erst verarbeiten. Insgesamt hatte ich allerdings wirklich Glück im Unglück. In den ersten Urlaubstagen war ich teilweise allein in 2500 Metern Höhe wandern. Wenn ich irgendetwas gehabt hätte, hätte mich niemand gefunden.

Und der Arzt hat wirklich gut reagiert: Ich wurde schnell in die Röhre geschoben und die stand rasch fest.

Die Ursache war unklar: keine Thrombose, keine Gerinnungsstörung

Nach acht Tagen wurde ich aus dem Urlaubsort in meine Heimatstadt transportiert und sollte eigentlich dort weiter stationär betreut werden, da ich noch liegen musste. Weil aber gerade kein Klinikbett frei war, kam ich direkt nach Hause und habe die weitere Betreuung organisiert.

Um die Ursache herauszufinden, wurde ich beim Gefäßmediziner durchgecheckt. Die Frage war ja, warum ich in so jungem Alter und ohne Risikofaktoren eine Lungenembolie bekommen hatte.

Man hat sofort nach einer Thrombose gesucht, aber keine gefunden: weder im Bein noch im Becken. Es wurde auch nach einer angeborenen Blutgerinnungsstörung gesucht, ebenfalls ohne Ergebnis.

Wahrscheinlich ist mir die lange Autofahrt zum Verhängnis geworden. Hätte ich es vorher gewusst, hätte ich mehr Pausen gemacht, mich bewegt und viel getrunken.

Zur Vorbeugung nahm ich fast ein Jahr lang einen Blutverdünner

Nach der Lungenembolie war ich nicht sofort wieder fit. Ein Jahr lang habe ich mich geschont und konnte mich körperlich erst stufenweise mehr belasten. Ich bin auch nicht großartig weggefahren, war nicht in Gegenden, wo es keine ärztliche Betreuung gab. Das war mir noch zu unsicher.

Damit kein neues Gerinnsel entsteht, habe ich zehn Monate lang einen Blutverdünner bekommen. Das war ein relativ neues Präparat, das ich gut vertragen habe.

Verwirrend für mich war, dass die Ärzte in der Klinik und mein Gefäßmediziner mir unterschiedliche Empfehlungen gaben, wie lange ich das Medikament nehmen sollte. Letztendlich habe ich mich für die sichere Variante entschieden: es lieber länger zu nehmen als zu kurz.

Die Zeit nach dem Absetzen des Blutverdünners war aber schon spannend und stressig, weil es darum ging, ob ich wieder eine Lungenembolie oder Thrombose bekomme. Aber es ist nichts passiert, bis heute.

Mit Blutverdünner zu leben, war nicht leicht

In der Zeit, in der ich den Blutverdünner nahm, musste ich sehr aufpassen. Ich sollte alle Verletzungen vermeiden, da die Blutungsgefahr größer ist. Deswegen konnte ich auch keinen intensiven Sport machen. Ich musste mich erst daran gewöhnen, so vorsichtig zu sein. Mit der Zeit bekam ich aber immer mehr Sicherheit.

Und heute ist nichts davon übriggeblieben, ich habe Gott sei Dank keine Folgeschäden. Das Einzige ist, dass ich regelmäßig zu Kontrollen zum Gefäßmediziner gehe.

Mein Tipp: sich auf Reisen viel bewegen

Jedem Freund, der im Krankenhaus liegt und operiert wird, sage ich: Pass auf, dass du Thrombosespritzen bekommst. Das ist immer mein erster Satz.

Man weiß auch vorher nicht, ob man eine vererbte Neigung zu Blutgerinnungsstörungen hat. Erst wenn man eine Thrombose oder Lungenembolie hatte, ist man schlauer. Gerade junge Menschen haben das nicht im Kopf: Ein Freund von mir ist zum Beispiel mit dem Bus von Köln nach München gefahren, ohne sich viel zu bewegen, und hat eine Thrombose bekommen.

Was ich allen raten würde: Wenn ihr lange fliegt oder im Auto oder Zug sitzen müsst, immer wieder aufstehen und bewegen, bewegen, bewegen! Das Blut in Umlauf bringen. Keine zu langen Autofahrten planen – und wenn es gar nicht zu vermeiden ist, viel trinken und bewegen.

Es sind eben nicht nur alte herzkranke Menschen, sondern auch Junge und Sportliche wie ich. Letztendlich ist es für mich glimpflich gelaufen, ich habe Glück gehabt.

Danksagung

Erfahrungsberichte fassen Interviews mit Betroffenen zusammen. Alle Gesprächspartnerinnen und -partner haben der Veröffentlichung zugestimmt. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Die Berichte geben einen Einblick in den persönlichen Umgang und das Leben mit einer Erkrankung. Die Aussagen stellen keine Empfehlung des IQWiG dar.

Hinweis: Um die Anonymität der Interviewten zu wahren, ändern wir ihre Vornamen. Die Fotos zeigen unbeteiligte Personen.

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Über diese Seite

Erstellt am 30. November 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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