Gesundheitsversorgung in Deutschland

Auf einen Blick

  • In Deutschland müssen sich alle Menschen krankenversichern, um bei einer Erkrankung finanziell abgesichert zu sein.
  • Bei Krankheit oder zur Vorsorge wendet man sich an eine Arztpraxis seiner Wahl.
  • Wer ins Krankenhaus muss, erhält dafür in der Arztpraxis eine Einweisung.
  • Im Notfall kann man direkt in die Ambulanz einer Klinik gehen. Außerdem sind Tag und Nacht Notrufnummern erreichbar.
  • Medikamente gibt es in Apotheken – meist ist ein Rezept nötig.

Einleitung

Foto von Gruppe ausländischer Studierender im Park

Wer krank wird, hat es in Deutschland normalerweise nicht schwer, medizinische Hilfe zu finden. Es gibt ein dichtes Netz von leicht zugänglichen Behandlungsangeboten. Die Kosten für Behandlungen und Untersuchungen trägt größtenteils die Krankenversicherung.

Sich im deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden, ist trotzdem nicht immer einfach. Mit dem Thema „Gesundheitsversorgung in Deutschland“ geben wir deshalb einen Überblick und eine praktische Orientierungshilfe. Wir richten uns dabei vor allem an Menschen aus anderen Ländern, die in Deutschland leben und arbeiten – ob dauerhaft oder vorübergehend. Denn für den Fall einer Erkrankung abgesichert zu sein und zu wissen, an welche Einrichtung, Arztpraxis oder Klinik man sich wenden kann, ist die Voraussetzung für eine rasche und sichere Behandlung.

Die Struktur des Gesundheitswesens

Je nach Art und Schwere einer Erkrankung gibt es in Deutschland drei Versorgungsbereiche. Wer akut erkrankt ist, sucht normalerweise zuerst eine ärztliche Praxis auf – in der Regel eine Hausärztin oder einen Hausarzt, seltener direkt eine fachärztliche Praxis. Manchmal ist aber auch eine Behandlung in einem Krankenhaus nötig. Bei langwierigen Erkrankungen kann eine ambulante und stationäre Rehabilitation sinnvoll sein.

Das deutsche Gesundheitssystem wird von sehr vielen Einrichtungen getragen. Der Staat gibt gesetzliche Rahmenbedingungen vor. Darüber hinaus verwalten zahlreiche Akteure die Gesundheitsversorgung selbst – etwa Verbände und Interessenvertretungen der Krankenversicherungen, der verschiedenen Anbieter und Berufsgruppen im Gesundheitswesen sowie Patientenorganisationen.

Die Krankenversicherung ist gesetzlich geregelt. Sie gehört zu den fünf Zweigen der Sozialversicherung – gemeinsam mit der Unfallversicherung, der Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Pflegeversicherung. Gesetzliche Vorgaben dazu finden sich in den Sozialgesetzbüchern.

Krankenversicherung

In Deutschland besteht eine Krankenversicherungspflicht. Das heißt, alle Bürgerinnen und Bürger sind verpflichtet, sich in einer Krankenkasse zu versichern. Dies soll dafür sorgen, dass niemand wegen einer Erkrankung in finanzielle Not gerät. Wer krankenversichert ist, zahlt normalerweise keine oder nur einen zumutbaren Teil der Behandlungskosten selbst und ist finanziell abgesichert, wenn er oder sie nicht arbeiten kann.

Bis zu einem bestimmten Bruttogehalt müssen sich Arbeitnehmer bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichern. Wer mehr verdient, kann sich stattdessen privat versichern. Auch bestimmte Berufsgruppen, etwa Beamte, können sich privat versichern.

Menschen aus dem Ausland, die in Deutschland arbeiten, müssen sich in der Regel ebenfalls hier versichern – selbst, wenn sie in einem anderen Land wohnen. Auch wer in Deutschland studieren möchte, muss eine Krankenversicherung nachweisen. Je nach Herkunftsland wird die heimische Krankenversicherung anerkannt – beispielsweise, wenn man in einem anderen EU-Staat versichert ist. Wenn nicht, muss man einer deutschen Krankenversicherung beitreten oder eine spezielle Reisekrankenversicherung abschließen.

Die Gesundheitsversorgung wird überwiegend durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber finanziert. Die Höhe der Beiträge richtet sich allein nach dem Einkommen eines Versicherten. Dabei hat jeder gesetzlich Versicherte Anspruch auf die gleiche medizinische Versorgung – egal, wie hoch seine Beiträge sind.

Ambulante Behandlung

Mit „ambulanter Behandlung“ ist gemeint, dass man nach der Behandlung wieder nach Hause geht und nicht über Nacht oder länger in einer Klinik bleibt. Der Großteil der ambulanten Behandlungen in Deutschland findet in ärztlichen Praxen sowie in Praxen für Psychotherapie oder nicht ärztliche Heilkunde statt.

Versicherte können selbst entscheiden, an welche Arzt-, Zahnarzt- oder Psychotherapiepraxis sie sich wenden – denn in Deutschland besteht das Prinzip der „freien Arztwahl“. Die meisten Arzt- und Zahnarztpraxen haben eine sogenannte Kassenzulassung, die oft am Praxisschild zu erkennen ist („Alle Kassen“). Diese Vertragspraxen sind grundsätzlich verpflichtet, jede versicherte Person zu behandeln. Privatpraxen hingegen sind nur im Notfall verpflichtet, gesetzlich Versicherte zu versorgen. Sie behandeln nur privat Versicherte und gesetzlich Versicherte, die ihre Behandlung selbst bezahlen.

Die meisten Menschen gehen bei einer Erkrankung oder einem Gesundheitsproblem zunächst in ihre Haus- oder Kinderarztpraxis. Dort wird entschieden, ob es nötig ist, eine Spezialistin oder einen Spezialisten in die Behandlung einzubeziehen.

Das geschieht durch eine Überweisung an eine Facharztpraxis, wie zum Beispiel für Frauenheilkunde (Gynäkologie) oder Hauterkrankungen (). Man kann in der Regel aber auch direkt zu einer Fachärztin, einem Facharzt oder in die Psychotherapiepraxis gehen.

Außerdem gibt es nicht ärztliche Heilberufe: Dazu gehören zum Beispiel Physiotherapeuten, Logopädinnen, Pflegekräfte und Hebammen. Für eine physiotherapeutische oder logopädische Behandlung sowie für häusliche Pflege braucht man ein ärztliches Rezept (Verordnung).

Die Behandlung in einer Vertragspraxis wird direkt über die Krankenkasse abgerechnet – dafür ist die elektronische Gesundheitskarte nötig, die man von der eigenen Krankenkasse erhalten hat. Für bestimmte Leistungen wie hochwertigen Zahnersatz zahlt die gesetzliche Krankenkasse feste Zuschüsse. Die darüber hinausgehenden Kosten müssen selbst gezahlt werden. Die Höhe dieses Eigenanteils hängt vom gewählten Zahnersatz ab. Auch für sogenannte Heilmittel – zum Beispiel eine ambulante logopädische oder physiotherapeutische Behandlung – müssen Erwachsene in der Regel eine Zuzahlung leisten.

Privat versicherte Patientinnen und Patienten zahlen die Behandlungskosten in der Regel zunächst selbst und bekommen die Kosten später von ihrer Versicherung erstattet, nachdem sie die Rechnung bei ihrer Krankenversicherung eingereicht haben. Die Höhe der Erstattung hängt vom einzelnen Vertrag ab.

Ärztinnen und Ärzte sammeln alle wichtigen Unterlagen wie Untersuchungsergebnisse und Arztbriefe in einer Patientenakte. Diese darf man in der Regel jederzeit einsehen und erhält auf Wunsch Kopien oder Ausdrucke der Dokumente. Diese müssen einmalig kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Bei weiteren Anfragen kann eine geringe Gebühr erhoben werden. Inzwischen können Versicherte auch eine elektronische Patientenakte nutzen. Darin sollen nach und nach alle wichtigen Dokumente aus verschiedenen Praxen oder Kliniken gesammelt digital gespeichert werden.

Stationäre Behandlung

Die meisten Krankenhäuser in Deutschland behandeln gesetzlich und privat Versicherte. Ob eine Krankenhausbehandlung nötig ist, entscheidet die Haus- oder Facharztpraxis und stellt eine Einweisung aus – es sei denn, es handelt sich um einen Notfall. Dann kann man direkt die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen oder den Rettungsdienst rufen. Wenn „“ behandelt werden kann, ist es möglich, am gleichen Tag wieder nach Hause zu gehen. Ist ein längerer Klinikaufenthalt mit Übernachtung nötig, spricht man von „stationärer Behandlung“. Dabei müssen auch gesetzlich Versicherte eine Zuzahlung von 10 Euro pro Tag für Unterbringung und Verpflegung leisten.

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Im Krankenhaus

Rehabilitation

In Rehabilitationseinrichtungen werden mehrere Tage bis Wochen dauernde Behandlungen angeboten. Sie sollen helfen, nach einer schweren Erkrankung oder nach einer Operation wieder selbstständig und leistungsfähig zu werden. Das Ziel ist zum Beispiel, dass man wieder arbeiten oder ein möglichst eigenständiges Leben führen kann – oder dass eine chronische Erkrankung sich nicht weiter verschlimmert. Je nach Situation bleibt man für diese Zeit in einer Klinik (stationäre Rehabilitation) oder geht täglich nur zur Behandlung in die Klinik (ambulante Rehabilitation).

Rehabilitationseinrichtungen gibt es auch für psychische Krankheiten und Suchterkrankungen.

Apotheken

Medikamente erhält man in einer Apotheke. Hier kann man sich auch über Arzneimittel informieren und beraten lassen. Ist eine Apotheke geschlossen, informiert ein Aushang an der Eingangstür, welche Apotheke in der Nähe Notdienst hat – das heißt, auch nachts und an Wochenenden geöffnet ist. Außerdem kann man online nach der nächsten Notdienst-Apotheke suchen. Daneben gibt es Online-Apotheken (Versand-Apotheken), die Medikamente zusenden. Eine Beratung – dann per Telefon oder E-Mail – ist dort allerdings nicht immer sofort möglich.

In der Apotheke gibt es unterschiedliche Mittel:

  • verschreibungspflichtige Medikamente: Diese erhält man nur, wenn die Ärztin oder der Arzt sie auf einem Rezept verschrieben hat. Einen kleinen Teil der Kosten muss man selbst zahlen, den Rest übernimmt in der Regel die Krankenkasse. Die sogenannte Zuzahlung beträgt zwischen 5 und 10 Euro pro Medikament. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren fällt keine Zuzahlung an.
  • nicht verschreibungspflichtige Medikamente: Diese bekommt man auch ohne Rezept in der Apotheke. Dazu gehören niedrig dosierte Schmerzmittel wie oder , Mittel gegen Erkältungen oder Allergien. Diese Medikamente muss man meist selbst bezahlen. Für Kinder unter zwölf Jahren übernimmt die Krankenkasse die Kosten, wenn das Medikament ärztlich verordnet wurde.
  • nicht apothekenpflichtige (frei verkäufliche) Arzneimittel: Solche Mittel – etwa bestimmte Vitaminpräparate oder Tees – gibt es nicht nur in der Apotheke, sondern zum Beispiel auch im Drogeriemarkt. Die Kosten hierfür werden nicht übernommen.

Privat Versicherte müssen ihre Medikamente zunächst in voller Höhe selbst bezahlen, bekommen die Kosten aber später von ihrer Versicherung erstattet – je nach Versicherung auch für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.

Im Notfall

Im Notfall kann man direkt die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen oder den Rettungsdienst rufen. Es gibt verschiedene Telefonnummern für medizinische Notfälle, die jederzeit kostenlos erreichbar sind:

  • 112 – Notruf: in lebensbedrohlichen Notfällen – beispielsweise bei Anzeichen für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, schweren Verletzungen durch einen Unfall, hohem Blutverlust, Ohnmacht oder Atemnot. Dann schickt der Rettungsdienst einen Rettungs- oder Notarztwagen. Auch wer unsicher ist, ob die Situation lebensbedrohlich ist, sollte die 112 wählen.
  • 116 117 – ärztlicher Bereitschaftsdienst: Für dringende, aber nicht lebensbedrohliche Situationen, wenn die Arztpraxis geschlossen hat und die Behandlung nicht bis zum nächsten Tag warten kann – zum Beispiel bei hohem Fieber, starken Schmerzen oder schwerem Erbrechen. Man erhält ärztlichen Rat und wird bei Bedarf an die nächstgelegene Arztpraxis mit Bereitschaftsdienst vermittelt.
  • Giftnotruf: Bei möglichen Vergiftungen, etwa wenn man eine zu hohe Dosis eines Medikaments, ein Reinigungsmittel oder unbekannte Pilze zu sich genommen hat. Je nach Region gibt es unterschiedliche Nummern – eine Liste findet sich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Dort erhält man Anweisungen zur Ersten Hilfe. Vermutet man Lebensgefahr, unbedingt zuvor 112 wählen!

Zudem gibt es Hilfe- und Krisentelefone für psychische Notlagen:

  • 116 123: Telefonseelsorge
  • 116 111: Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche
  • Eine Übersicht über Seelsorgenummern in anderen Sprachen bietet die Webseite der Telefonseelsorge.

Dort können auch Angehörige anrufen, wenn sie unsicher sind, wie sie der betroffenen Person helfen können.

Bei akuter Suizidgefahr stehen neben dem Notruf 112 auch psychiatrisch-psychotherapeutische Praxen mit Notfalldienst oder die Notfallambulanzen der psychiatrisch-psychotherapeutischen Krankenhäuser zur Verfügung.

Beratung und Selbsthilfe

In Deutschland gibt es ein breites Angebot zur persönlichen Beratung und Unterstützung im Krankheitsfall: Dazu zählen zum Beispiel Selbsthilfegruppen, die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), psychosoziale Beratungsstellen und Beratungsangebote der Krankenkassen und Gesundheitsämter.

Informationsmaterial und Broschüren zu verschiedenen Gesundheitsthemen bietet das Bundesministerium für Gesundheit speziell für Migrantinnen und Migranten auf der Website „Migration und Gesundheit“ in vielen Sprachen.

Beratung und Austausch mit anderen Erkrankten sind oft auch sehr wertvoll, wenn es darum geht, sich für eine von mehreren Behandlungsmöglichkeiten zu entscheiden. Dies ist nicht immer einfach. Um die richtige und persönlich passende Wahl zu treffen, sind fundierte Informationen wichtig.

Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Migration und Gesundheit. 2024.

Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Schaubild „Unser Gesundheitssystem" – der Staat setzt den Rahmen. 2023.

Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Dossier Gesundheitspolitik. Das Gesundheitswesen in Deutschland – ein Überblick. 2017.

Busse R, Blümel M, Spranger A. Das deutsche Gesundheitssystem: Akteure, Daten, Analysen. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2017.

Klemperer D. Sozialmedizin – Public Health – Gesundheitswissenschaften. Göttingen: Hogrefe; 2020.

Statistisches Bundesamt (Destatis). Grunddaten der Krankenhäuser 2022. 2023.

IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vor- und Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.

Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Gesundheitsinformation.de kann das Gespräch mit Fachleuten unterstützen, aber nicht ersetzen. Wir bieten keine individuelle Beratung.

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Aktualisiert am 18. Dezember 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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