Hüftarthrose: Wann kommt ein künstliches Hüftgelenk infrage?

Foto von Bauarbeiter und Architektin

Wenn Behandlungen wie eine Bewegungstherapie und Schmerzmittel nicht ausreichen, kommt ein künstliches Hüftgelenk infrage. Mit einem solchen Gelenkersatz bessern sich die Schmerzen in der Regel deutlich. Die meisten Menschen kommen gut damit zurecht. Nach 10 Jahren sind noch über 95 % der Hüftprothesen intakt.

Bei einer fortgeschrittenen Hüftarthrose kann ein künstliches Hüftgelenk die Beschwerden meistens sehr wirksam lindern. Es handelt sich aber um eine große Operation, die mit verschiedenen Risiken verbunden ist. Daher ist es sinnvoll, zunächst andere Behandlungen auszuprobieren, bevor man sich für einen Eingriff entscheidet. Dazu gehören vor allem Bewegungstherapien und Schmerzmittel. Bei Übergewicht wird zudem eine Gewichtsabnahme empfohlen.

Außerdem haben Prothesen eine begrenzte Lebensdauer. Je früher man sich operieren lässt, desto wahrscheinlicher ist es, dass das künstliche Gelenk irgendwann ausgetauscht werden muss.

Künstliches Hüftgelenk: ja oder nein?

Vor der Entscheidung für oder gegen ein künstliches Hüftgelenk ist es sinnvoll, sich gut über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Diese Entscheidungshilfe unterstützt dabei.

Wann kommt ein künstliches Hüftgelenk infrage?

Fachleute haben gemeinsam mit Patientinnen und Patienten Empfehlungen dazu erarbeitet, wann ein künstliches Hüftgelenk sinnvoll sein kann – nämlich, wenn

  • die Hüftarthrose zu starken Schmerzen und Einschränkungen im Alltag führt – also zum Beispiel das Anziehen, Haushaltstätigkeiten oder das Einkaufen erschwert – und die Lebensqualität beeinträchtigt,
  • wirksame konservative Behandlungen wie Schmerzmittel, Bewegungstherapien oder eine Gewichtsabnahme die Beschwerden über mindestens drei Monate nicht ausreichend lindern konnten,
  • die Hüftarthrose im Röntgenbild deutlich erkennbar ist und
  • die Vor- und Nachteile des Eingriffs zusammen mit der Ärztin oder dem Arzt gründlich abgewogen wurden.

Neben der Stärke der Schmerzen spielt auch eine Rolle, wann und wie oft die Hüfte schmerzt – ob täglich oder seltener, nur bei bestimmten Aktivitäten oder auch nachts und in Ruhe.

Manche Fachleute nutzen spezielle Fragebögen, um den Schweregrad der Arthrose und ihre Auswirkungen auf Leben und Alltag zu erfassen. Mit der Ärztin oder dem Arzt lässt sich besprechen, was man sich von einem künstlichen Hüftgelenk erhofft und ob die persönlichen Ziele durch eine Operation erreichbar sind.

Wie ist eine Hüftprothese aufgebaut?

Eine Hüftprothese soll das natürliche Gelenk so gut wie möglich ersetzen. Sie besteht in der Regel aus 3 bis 4 Teilen:

  • einem Schaft, der im Oberschenkelknochen verankert wird,
  • einem Kopf, der auf den Schaft aufgesteckt wird und den natürlichen Hüftkopf ersetzt,
  • einer halbkugelförmigen Pfanne, die in die natürliche Hüftpfanne eingesetzt wird, sowie
  • einem Pfanneneinsatz, auch Inlay genannt, der in die künstliche Hüftpfanne eingebracht wird. Der Pfanneneinsatz nimmt den Prothesenkopf auf. Bei zementierten Hüftprothesen werden kombinierte Pfannen verwendet, bei denen Pfanne und Pfanneneinsatz aus einem Guss sind. Ein separater Pfanneneinsatz ist dann nicht nötig.
Grafik: Hüftprothese: Sitz nach Operation (links) und Einzelteile (rechts)

Woraus bestehen Hüftprothesen?

Für Kopf und Pfanneneinsatz kommen verschiedene Materialien zum Einsatz. Die jeweiligen Kombinationen werden Gleitpaarungen genannt. In Deutschland wird am häufigsten eine sogenannte Polyethylen-Keramik-Gleitpaarung verwendet, mit einem Pfanneneinsatz aus Polyethylen – einem sehr harten Kunststoff – und einem Kopf aus Keramik. Es gibt auch Metall-Metall- und Keramik-Keramik-Gleitpaarungen sowie Kombinationen aus Polyethylen und Metall.

Prothesen mit Metall-Metall-Gleitpaarungen müssen deutlich häufiger ausgetauscht werden als Kombinationen aus Polyethylen und Keramik. Zwischen Polyethylen-Keramik-Gleitpaarungen und Polyethylen-Metall-Gleitpaarungen fand sich in Studien kein Unterschied. Unklar ist, ob Keramik-Keramik-Gleitpaarungen Vorteile gegenüber Polyethylen-Keramik-Gleitpaarungen haben, da es hierzu nur wenige Studien gibt.

Was ist der Unterschied zwischen zementfreien und zementierten Prothesenteilen?

Es gibt zwei unterschiedliche Arten, den Schaft im Oberschenkel und die Pfanne im Beckenknochen zu befestigen:

  • Zementfreie Prothesenteile werden fest in den Knochen gepresst. Eine spezielle raue Oberfläche oder Beschichtung sorgt dafür, dass die Prothese direkt nach dem Einsetzen fest sitzt und sich der Knochen dann allmählich mit ihr verbindet.
  • Zementierte Prothesenteile werden mit einem speziellen Zwei-Komponenten-Kleber befestigt. Er wird oft auch Knochenzement genannt. Streng genommen handelt es sich aber nicht um Zement, sondern um einen sehr schnell härtenden Kunststoff-Kleber, ähnlich wie bei der Befestigung einer Zahnkrone. Zementierte Prothesen werden heute eher Menschen im höheren Alter eingesetzt.

In Deutschland werden zu fast 80 % zementfreie Hüftprothesen verwendet. Bei etwa 15 % der Operationen wird der Schaft zementiert und die Pfanne in die natürliche Hüftpfanne gepresst. Dann spricht man von einem Hybrid-Eingriff oder einer teilzementierten Prothese. Andere Arten der Befestigung werden hierzulande nur selten verwendet. Zementfreie Hüftpfannen werden manchmal zusätzlich mit Schrauben verankert.

Welche Prothese in der eigenen Situation infrage kommt, hängt beispielsweise vom Alter, anderen bestehenden Erkrankungen und der Knochenqualität ab.

Welche Arten von Hüftprothesen gibt es?

Neben unterschiedlichen Materialien und Größen gibt es im Wesentlichen drei Varianten von Hüftprothesen:

  • Geradschaft-Prothesen: Sie zeichnen sich durch einen relativ langen Schaft aus (siehe Abbildung oben).
  • Kurzschaft-Prothesen: Hierbei wird ein kürzerer, leicht gebogener Schaft verwendet.
  • Kappen-Prothesen: Hierbei werden Schenkelhals und Hüftkopf erhalten. Der Hüftkopf wird – ähnlich wie bei einer Zahnkrone – mit einer Metallkappe überkront. Ein dünner, kurzer Schaft verankert die Kappe im Hüftkopf. Kappen-Prothesen werden auch McMinn-Prothesen genannt.

In Deutschland erhalten über 85 % der Menschen eine Geradschaft-Prothese. Mit diesen Prothesen gibt es auch die meiste Erfahrung. Etwa 10 % bekommen eine Kurzschaft-Prothese. Besonders jüngeren Menschen wird manchmal eine Kurzschaft-Prothese empfohlen. Beim Einsetzen dieser Prothesen geht weniger Knochen im Bereich des Schaftes verloren – dies könnte ein Vorteil sein, wenn später ein Prothesenwechsel nötig sein sollte. Allerdings gibt es bislang kaum Langzeiterfahrungen mit Kurzschaft-Prothesen. Daher ist unklar, ob sie ähnlich lange halten wie Geradschaft-Prothesen.

Kappen-Prothesen wurden bis etwa zum Jahr 2010 häufig verwendet, heute aber nur noch selten. Denn inzwischen weiß man, dass ihre Nachteile überwiegen. So mussten Kappen-Prothesen in Studien mehr als zehnmal häufiger ausgetauscht werden als Geradschaft-Prothesen.

Was kann ich langfristig von einem künstlichen Hüftgelenk erwarten?

Studien zeigen, dass etwa 90 % der Menschen mit einem künstlichen Hüftgelenk auch längerfristig zufrieden sind. Die Schmerzen gehen in der Regel deutlich zurück und die Gelenkfunktion verbessert sich. Viele Menschen können nach der Operation wieder schmerzfrei gehen und Tätigkeiten ausüben, die ihnen vorher nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich waren. Es gibt aber keine Erfolgsgarantie: Bis zu 10 % der Operierten haben weiterhin mit Problemen wie stärkeren Schmerzen zu tun.

Wie lange hält ein künstliches Hüftgelenk?

Die Haltbarkeit einer Hüftprothese hängt von vielen Faktoren ab – etwa dem eingesetzten Material, dem Körpergewicht und der Belastung, der sie ausgesetzt ist, zum Beispiel durch bestimmte Sportarten. Ein Austausch der Prothese kann nötig sein, wenn sich Teile lockern. Selten muss die Prothese auch aufgrund einer oder eines Knochenbruchs gewechselt werden.

Studien zeigen, dass nach 10 Jahren noch mehr als 95 % der heute üblicherweise eingesetzten Prothesen intakt sind. Etwa 85 % der Hüftprothesen halten über 20 Jahre.

Wie hoch das Risiko ist, dass eine Prothese im Laufe des Lebens ausgetauscht werden muss, hängt vor allem vom Alter ab: Je jünger man ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Prothese irgendwann ausgewechselt werden muss. Außerdem ist der Verschleiß bei jüngeren Männern größer als bei jüngeren Frauen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick:

Tabelle: Wahrscheinlichkeit, dass ein künstliches Hüftgelenk ausgetauscht werden muss
Alter bei Erstoperation Wahrscheinlichkeit bei Männern Wahrscheinlichkeit bei Frauen
50 Jahre 30 % 17 %
60 Jahre 17 % 17 %
70 Jahre 8 % 6 %
80 Jahre 2 bis 3 % 2 bis 3 %

Wie läuft die Operation ab?

Vor der Operation werden Röntgenaufnahmen gemacht, um den Eingriff zu planen. Unter anderem wird die voraussichtlich passende Prothesengröße ausgewählt und die Position im Knochen abgeschätzt. Die Planung dient außerdem dazu, die ursprüngliche Beinlänge möglichst genau zu erreichen.

Operiert wird zum Beispiel durch einen seitlich angebrachten Längsschnitt in der Haut – etwa zwischen dem oberen Ende des Beckenknochens und dem unteren Ende des Gesäßes. Zunächst wird der Hüftkopf des Oberschenkelknochens abgetrennt und entfernt. Anschließend glättet die Chirurgin oder der Chirurg die Hüftpfanne, um sie für das Implantat vorzubereiten. Danach öffnet sie oder er der Oberschenkelknochen und bereitet ihn für die Aufnahme des Schafts vor. Anschließend wird der Schaft dort eingesetzt und befestigt.

Sind Hüftpfanne und Hüftschaft eingesetzt, wird der Kopf auf den Schaft aufgesteckt und mit der neuen Pfanne zusammengeführt. Bevor die Operationswunde verschlossen wird, überprüft die Operateurin oder der Operateur, ob das neue Gelenk stabil und ausreichend beweglich ist. Die Operation dauert in der Regel etwa 1 bis 1,5 Stunden.

Nach der Operation fängt man direkt mit einer Rehabilitation an, um die Genesung zu unterstützen.

Welche Operationsrisiken gibt es?

Beim Einsetzen einer künstlichen Hüfte kann es zu Rissen oder Brüchen im Oberschenkelknochen kommen. Dieses Risiko ist etwas höher, wenn zementfreie Prothesen verwendet werden. Es kann dann erforderlich sein, den Knochen zusätzlich zu fixieren, zum Beispiel mit Drahtschlingen oder einer Metallplatte.

Eine andere seltene Komplikation ist starker Blutverlust während des Eingriffs, der eine Bluttransfusion notwendig macht. Dass während der Operation ein Nerv oder Muskel verletzt wird, kommt ebenfalls selten vor. Daneben bestehen allgemeine Operationsrisiken, unter anderem aufgrund der . Das Risiko, an der Operation oder ihren Folgen zu sterben, liegt für die meisten Menschen deutlich unter 1 % und hängt stark vom Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab.

Nach der Operation kann es zu einer Wundinfektion, einer Venenthrombose oder Lungenembolie kommen. Um Thrombosen vorzubeugen, erhält man in der Regel für 4 bis 5 Wochen gerinnungshemmende Medikamente (Tabletten oder Heparin-Spritzen). Sie können das Risiko für eine Thrombose oder Lungenembolie auf etwa 1 bis 2 % senken.

In den ersten Monaten nach dem Eingriff kann der Hüftkopf aus der Pfanne springen (Luxation). Dies ist sehr schmerzhaft, passiert aber selten. Oft gelingt es, den Hüftkopf ohne Operation – aber mit Betäubung oder Kurznarkose – wieder einzurenken. In den ersten sechs Wochen nach dem Eingriff ist es deshalb besser, bestimmte Bewegungen zu vermeiden und Hilfsmittel zu verwenden, zum Beispiel zum Anziehen der Strümpfe.

Nach der Operation können sich Verknöcherungen bilden, die die Beweglichkeit des künstlichen Hüftgelenks einschränken. Um dem vorzubeugen, wird manchmal empfohlen, für 2 bis 3 Wochen entzündungshemmende Schmerzmittel () einzunehmen. Sie hemmen bestimmte Gewebshormone, die zu Verknöcherungen beitragen können (sogenannte Prostaglandine).

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Aktualisiert am 08. Mai 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

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