Bewegung ist grundsätzlich gut – aber nicht zu viel auf einmal

Gruppe von sitzenden älteren Menschen mit Trainerin in Fitnesskurs

Theo, 60 Jahre

„Ich habe mir nach der OP ganz bewusst Sportgruppen gesucht, damit ich das Bewegungsprogramm auch wirklich durchhalte – unter anderem Nordic Walking und Wassergymnastik. Zu Hause allein schaffe ich es nicht, mich regelmäßig zu motivieren.“

Meine Beschwerden fingen sehr früh an, mit 14. Wenn ich mich bewegte, hatte ich sehr starke Schmerzen in beiden Leisten, die aber nach einer Weile wieder weggingen. Deswegen wurde erst einmal nichts gemacht. Ein Jahr später bekam ich starke Rückenschmerzen und es wurde eine rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule diagnostiziert.

Ich bekam Schmerzmittel aus der Gruppe der auf Rezept, die mir gut gegen die Schmerzen halfen. Als ich diese aber absetzte, weil ich nicht mehr so viele Medikamente nehmen wollte, fiel auf, dass nicht nur die Wirbelsäule, sondern auch meine Hüftgelenke schmerzten.

Im Röntgenbild sah man auf beiden Seiten eine Hüftgelenks-Arthrose – keiner konnte sich erklären, warum. Heute glaube ich, dass die rheumatische zuerst in den Hüftgelenken begann, dies aber nicht erkannt wurde.

Ich bekam einige Behandlungen gegen die Schmerzen: , Wärmebehandlung mit Rotlicht, Fango und eine Muskel-Elektrotherapie (). In der Reha taten mir auch warme Bäder sehr gut. All das war lindernd und hat mir sowohl gegen die Rücken- als auch die Hüftschmerzen geholfen.

Die erste Hüftprothese bekam ich vor neun Jahren

Allerdings wurden die Beschwerden mit der Zeit immer stärker und vor sechs Jahren ging es nicht mehr: Vor allem links strahlten die Schmerzen von der Leiste herunter bis zum Fuß, ich konnte fast nicht mehr laufen. Deswegen wurde ich schließlich operiert und habe auf der linken Seite ein künstliches Gelenk bekommen.

Ich habe die OP gut vertragen und mich in der Reha danach sehr schnell erholt. Krank geschrieben war ich für neun Wochen. Bis ich körperlich wieder voll belastbar war, vergingen drei Monate.

Die OP hat sich für mich gelohnt

Es ging mir nach der Operation viel besser als vorher: Links war ich nahezu schmerzfrei und auch beweglicher. Aus meiner Sicht hat sich die OP gelohnt, schon weil ich wieder besser schlafen konnte und mobiler war.

Die Entscheidung zur OP und zur Prothesenart habe ich zusammen mit den Ärzten getroffen. Sie haben mir alle Möglichkeiten erklärt, ich konnte mir die verschiedenen Prothesenarten anschauen und auch in die Hand nehmen.

Die Ärzte haben mir klar eine Prothese aus Keramik in Kombination mit einem anderen Material empfohlen, da diese stabiler war. Ich war damals stark übergewichtig und hatte durch das Rheuma schon einen steifen Rücken. Das Risiko, dass die Gelenkpfanne Schaden erleidet oder das künstliche Gelenk aus reiner Keramik aus der Pfanne gedrückt wird, war deswegen höher.

Schon am Nachmittag nach der OP bin ich zum ersten Mal aufgestanden

Direkt nach der OP hatte ich starke Schmerzen und ein Fremdkörpergefühl in der Hüfte. Ich dachte spontan: „Die haben ja gar nichts gemacht, es tut immer noch weh.“ Es fühlte sich komisch an, aber ich wollte unbedingt wieder auf die Beine kommen.

Schon am Tag nach der OP bin ich zum ersten Mal aufgestanden und mit dem Gehwagen bis zur Toilette und zurück gegangen. Es war schon sehr mühselig und anstrengend, aber die Physiotherapeuten haben mich bestärkt.

Sie haben mir auch eine Greifzange und eine Gehstütze mitgebracht und gezeigt, wie ich damit umgehen kann. Vier Tage nach der OP fing ich an, Treppen zu steigen, und übte für die Zeit zu Hause, wo ich drei Etagen ohne Fahrstuhl bewältigen muss.

Die Schwestern und Pfleger in der Klinik und die Physiotherapeuten haben mich motiviert – das hat sehr geholfen, schnell auf die Beine zu kommen. Sie sagten, erst wenn ich eine bestimmte Strecke laufen könne, würde ich entlassen. Es war herausfordernd – aber auch ein Ansporn.

Es gibt einiges nach der OP zu beachten

Was ich nicht erwartet hatte: Nach dem Training hatte ich richtigen Muskelkater. Da die Hüftmuskeln bei der OP durchtrennt werden, müssen sie wieder richtig gestärkt werden. Eine Zeit lang hatte ich auch ein Brennen und Fremdkörpergefühl dort, wo die Prothese eingesetzt wurde. Ich konnte mich deswegen nur mit einem Kissenpolster hinsetzen. Mittlerweile habe ich mich an die Prothese gewöhnt, aber das Fremdkörpergefühl hatte ich noch eine ganze Weile.

Man muss in der ersten Zeit nach der OP sehr darauf achten, beim Liegen auf der Seite die Beine nicht zu überkreuzen. Dafür gibt es spezielle „Seitenschläferkissen“, die zwischen die Beine gelegt werden und das Überkreuzen im Schlaf verhindern. Und es ist wichtig, das Bein auf der operierten Seite nicht zu stark nach innen zu drehen und auch nicht so sehr in der Hüfte zu beugen – gerade beim Treppensteigen oder Sitzen.

Ich achte sehr darauf, dass ich nicht auf die operierte Seite stürze. Das künstliche Gelenk soll ja mindestens 15 Jahre halten. Einmal bin ich gefallen und hatte einen dicken Bluterguss – aber ich hatte wirklich Glück, der Prothese ist nichts passiert.

Gymnastik und Nordic Walking fallen in der Gruppe leichter

Ich habe mir ganz bewusst Sportgruppen gesucht, damit ich das Bewegungsprogramm auch wirklich durchhalte. Zu Hause allein schaffe ich es nicht, mich regelmäßig zu motivieren. Pro Woche habe ich im Schnitt 4 Termine – wenn ich 2 bis 3 davon wahrnehme, bin ich zufrieden.

Was mir sehr gut tut, ist Gymnastik im Fitnessstudio, Nordic und Wassergymnastik – gerade das warme Wasser lindert die Hüftschmerzen. Ich habe auch ein Fahrrad-Ergometer zu Hause und versuche, einmal in der Woche eine halbe Stunde darauf zu trainieren.

Alle zwei Jahre nehme ich eine Reha in Anspruch. Diese Zeit ist immer sehr hilfreich, weil ich viel intensiver Sport mache als im Alltag. Es ist eine Art Aktivurlaub: Ich habe tagsüber mehrere Sportgruppen und , fahre viel Fahrrad auf dem Ergometer und unternehme abends zusätzlich Radtouren draußen. Der Effekt ist deutlich zu spüren.

Die andere Hüfte wird auch bald dran sein

Die rechte Hüfte ist noch nicht operiert, wird aber bald dran sein – spätestens, wenn ich nicht mehr vernünftig laufen kann und Dauerschmerzen auch im Liegen und nachts habe. Noch kann ich aber regelmäßig mein Nordic und die Gymnastik in der Gruppe absolvieren.

Wegen der entzündungshemmenden Rheuma-Medikamente spüre ich die rechte Hüfte weniger, aber die Arthrose macht sich trotzdem bemerkbar: Ich humpele sehr stark und habe allmählich trotz der Schmerzmittel immer mehr Beschwerden.

Immerhin habe ich die OP schon mehrere Jahre hinausgezögert. Dabei hat vor allem die intensive Krankengymnastik geholfen, bei der das Gelenk passiv durchbewegt und die Durchblutung angeregt wird. Auch die regelmäßigen Dehnübungen zu Hause tragen dazu bei.

Alle 2 bis 3 Jahre wird per Röntgen überprüft, wie geschädigt das Gelenk bereits ist und ob man noch etwas warten kann. Da ich sowieso bei meiner Rheumatologin in regelmäßiger Behandlung bin, werden dort die Hüften gleich mitkontrolliert.

Eine Überlastung spüre ich sofort

Gerade bei nasskaltem Wetter, vor allem im Frühjahr und Herbst, spüre ich die Arthrose stärker – und wenn ich mich überlaste. Auch wenn Bewegung grundsätzlich gut ist, sollte es nicht zu viel auf einmal sein.

Am besten geht Fahrradfahren, das kann ich sehr lange durchhalten. Was sehr anstrengend ist, sind Anstiege: Einen Berg hochzulaufen, ist schon sehr mühsam. Ich habe vor der ersten OP irgendwann einen Stock zum Abstützen benutzt, damit das Hüftgelenk nicht so belastet war.

Meine Gewichtsabnahme entlastet die Hüftgelenke enorm

Bis vor zwei Jahren war ich sehr übergewichtig, was die Hüftgelenke und die Prothese noch mehr belastete. Deswegen empfahlen mir meine Ärzte dringend, abzunehmen. Mein Lungenarzt riet mir zu einem Ernährungsberatungsprogramm, das in seiner Praxis angeboten wurde. Es wurde von der Krankenkasse unterstützt und finanziert. Ich bekam eine Frau als „Abnehm-Coach“, die mich in Einzelgesprächen und mit regelmäßigen Nachrichten und Mails unterstützte. Über eine App habe ich Fotos meiner Mahlzeiten geschickt, die Beraterin hat sie ausgewertet und mir per Nachricht Tipps gegeben. Zum Beispiel, die Mahlzeiten zu optimieren, indem ich anteilig mehr Gemüse einbaue.

Ich habe vor allem das Prinzip des Intervallfastens angewendet: Tagsüber habe ich nur während acht Stunden gegessen und ab dem frühen Abend für 16 Stunden bis zum nächsten Morgen nichts mehr. Auch die Verteilung der Mahlzeiten über den Tag war anders: Morgens konnte ich sehr viel essen, gegen Abend sollte es immer weniger werden und vor allem keine Kohlenhydrate enthalten.

Unpraktisch war dabei, dass ich abends selten mit jemanden essen gehen konnte. Wenn ich mit Freunden unterwegs war, habe ich höchstens einen Salat bestellt oder nur etwas getrunken. Da brauchte ich schon viel Selbstdisziplin. An Feiertagen oder Geburtstagen habe ich aber bewusst eine Ausnahme gemacht.

Das Programm war tatsächlich erfolgreich: Ich habe durchgehalten und insgesamt in eineinhalb Jahren fast 30 Kilo abgenommen. Es hat mir sehr gutgetan: Ich bin seitdem viel aktiver, fitter und leistungsfähiger. Und meine Hüfte schmerzt weniger – auch rechts auf der nicht operierten Seite.

Danksagung

Erfahrungsberichte fassen Interviews mit Betroffenen zusammen. Alle Gesprächspartnerinnen und -partner haben der Veröffentlichung zugestimmt. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Die Berichte geben einen Einblick in den persönlichen Umgang und das Leben mit einer Erkrankung. Die Aussagen stellen keine Empfehlung des IQWiG dar.

Hinweis: Um die Anonymität der Interviewten zu wahren, ändern wir ihre Vornamen. Die Fotos zeigen unbeteiligte Personen.

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Aktualisiert am 08. Mai 2024

Nächste geplante Aktualisierung: 2027

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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