Auf mich zu achten hilft mir

Foto einer Familie beim Spaziergang

Andrea, 48 Jahre

„Es löst sich fast alles, wenn die Regel beginnt. Die Kopfschmerzen sind manchmal noch am ersten Tag da, alles andere ist ganz schnell weg. Das ist dann schon fast wie eine Erleichterung.“

Bis zu meinem 40. Lebensjahr hatte ich nur während meiner Menstruation Beschwerden – nicht sehr belastend, aber sie waren da. Ich habe sehr starke Blutungen und dadurch immer wieder einen Eisenmangel und oft das Gefühl, als wenn mir in diesen Tagen das ganze Blut abgezogen wird. Ich weiß nicht mehr genau, in welchem Lebensjahr mir aufgefallen ist, dass ich mit der Zeit auch Beschwerden in den Tagen vor Einsetzen der Regelblutung entwickelt habe.

Ich habe zunehmend Kopfschmerzen, Brustspannen und Stimmungsschwankungen

Ich leide oft und schon lange unter Kopfschmerzen. Lange Zeit habe ich das nicht mit meiner Regelblutung in Verbindung gebracht. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass ich immer etwa zwei Tage vor Einsetzen der Menstruation und manchmal auch noch am ersten Tag der Regelblutung Kopfschmerzen habe.

Seit etwa meinem 45. Lebensjahr kamen noch ein paar andere Beschwerden hinzu: Etwa drei, vier Tage bis eine Woche vor Einsetzen der Blutung bin ich schlechter Stimmung. Am Anfang war ich jedes Mal etwas übellaunig, in den letzten zwei Jahren bin ich regelrecht leicht depressiv. Ich bin dann sehr nah am Wasser gebaut und es kann durchaus passieren, dass ich bei den kleinsten Anlässen in Tränen ausbreche. Ich bin nicht nur schlecht gelaunt, sondern auch bedrückt und so gar nicht gesprächig.

Es kommt noch hinzu, dass meine Brust unheimlich stark spannt. Das ist etwa erst seit einem Jahr so. Am Anfang habe ich schon an einen Tumor gedacht, weil ich das nicht zuordnen konnte.

Die Beschwerden sind mit der Zeit schon anstrengender und extremer für mich geworden. Sie belasten mich mehr als früher.

Ich habe den Zusammenhang über ein Tagebuch bemerkt

Mein Zyklus ist schon immer total unregelmäßig, das geht von 24 bis zu 45 Tagen. Es ist nicht einfach, sich darauf einzustellen. Ich habe das auch nie so richtig aufgeschrieben. Erst seit etwa einem halben Jahr schaue ich etwas genauer auf meinen Zyklus. Ich habe auch ab und zu Migräne und konnte das immer schlecht auseinanderhalten mit den Regelbeschwerden. Ich habe das dann mal mit einem Migräne-Tagebuch beobachtet. Dabei ist mir aufgefallen, dass damals meist so zwei Tage vor Beginn der Blutung Kopfschmerzen einsetzten. In der letzten Zeit sogar etwa eine Woche vorher. Ich habe nicht nur Kopfschmerzen notiert, sondern auch wenn ich deprimiert war. Dadurch habe ich den Zusammenhang meiner Beschwerden mit der Regelblutung gesehen. Seitdem ich das weiß, kann ich viel besser damit umgehen.

Es löst sich fast alles, wenn die Regel beginnt. Die Kopfschmerzen sind manchmal noch am ersten Tag da, alles andere ist ganz schnell weg. Das ist dann schon fast wie eine Erleichterung.

Als für mich klar war, dass die Stimmungsschwankungen mit der Menstruation in Verbindung stehen, war das ganz erhellend. Das war die Erklärung dafür und für mich sehr hilfreich.

Stimmung kann ganz plötzlich umschlagen

Manchmal schlägt meine Stimmung ganz plötzlich um, das kann zum Beispiel auch passieren, wenn ich mit Freunden in einem Café sitze. Das fand ich schon sehr eigenartig. Die Erkenntnis, dass dies mit meiner Regelblutung zusammenhängt, fand ich sehr erleichternd. Im Gespräch bestätigten mir Freundinnen, dass es bei ihnen ähnlich ist. Das war ein ganz guter Austausch. Ich fühlte mich damit nicht allein. Die anderen haben dann gesagt: „Ja, das kenne ich auch und ich heule auch manchmal“.

Mein Partner ist sehr verständnisvoll

Mein Partner hatte schon mit Depressionen zu tun und wir können uns darüber ganz offen austauschen. Ich habe manchmal regelrechte Weinausbrüche. Er hat es erst auf meine allgemeine Stimmungslage zurückgeführt. Es ist für ihn jetzt auch leichter zu verstehen, wo er weiß, dass es mit dem Zyklus zusammenhängt. Ich fühle mich sehr gut bei ihm damit aufgehoben.

Auf mich zu achten hilft mir

Er meinte letztens zu mir, dass wir dann zusehen müssen, dass ich in diesen bedrückten Tagen etwas Schönes erlebe. Das ist sein Herangehen. Aber ich muss in erster Linie auf mich selber achten. Manchmal hilft mir Ablenkung – einen schönen Film schauen und es mir gemütlich machen. Schwierige Gespräche vermeide ich in dieser Zeit. Manchmal bin ich dann überhaupt nicht ansprechbar, manchmal gebe ich stundenlang kein Wort von mir. Das kann auch für den anderen schwierig sein. Manchmal ist es dann besser, ich bin für mich alleine. Ich will ja auch nicht, dass sich die schlechte Stimmung auf den anderen überträgt.

Frische Luft tut mir gut, wenn es mir schlecht geht, und gesunde Ernährung und viel Schlaf sowieso. Darauf achte ich schon länger. Manchmal gehe ich nicht joggen an den ersten beiden Tagen der Regelblutung, wenn ich nicht die Power habe. Denn mir geht schon ein wenig Energie verloren. Ich mache dann alles ein bisschen langsamer. Vor allem in den Tagen vor Einsetzen der Blutung und am ersten Tag, aber dann löst sich das ganz schnell wieder auf. Aber ich gehe ganz normal arbeiten. Wenn es mir richtig schlecht gehen würde, würde ich mich aber auch krankschreiben lassen.

Danksagung

Erfahrungsberichte fassen Interviews mit Betroffenen zusammen. Alle Gesprächspartnerinnen und -partner haben der Veröffentlichung zugestimmt. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

Die Berichte geben einen Einblick in den persönlichen Umgang und das Leben mit einer Erkrankung. Die Aussagen stellen keine Empfehlung des IQWiG dar.

Hinweis: Um die Anonymität der Interviewten zu wahren, ändern wir ihre Vornamen. Die Fotos zeigen unbeteiligte Personen.

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Aktualisiert am 06. April 2022

Nächste geplante Aktualisierung: 2025

Herausgeber:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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