Das Ohr ist ein Sinnesorgan, das Schallwellen aufnimmt und uns dadurch ermöglicht, zu hören. Es ist außerdem wichtig für unseren Gleichgewichtssinn, denn im Innenohr befindet sich das Gleichgewichtsorgan.
Das Gleichgewichtsorgan besteht aus drei annähernd kreisrunden Kanälen – den Bogengängen – und zwei Vorhofsäckchen, die sich schräg unter den Bogengängen befinden. Jeder der Bogengänge ist mit einer Flüssigkeit gefüllt und mündet in eine Ausbuchtung (Ampulle). In den Ampullen und in den Vorhofsäckchen befinden sich feine Sinneshärchen.
Welche Aufgaben haben die Bogengänge?
Die Bogengänge ermöglichen es, Drehbewegungen wahrzunehmen. Wer zum Beispiel den Kopf zur Seite dreht, dreht auch das Innenohr mit. Es dauert allerdings einen kurzen Moment, bis auch die Flüssigkeit in den Bogengängen und Ampullen diese Drehbewegung mitmacht. Die Sinneshärchen werden dann von der „trägen“ Flüssigkeit umgebogen. Sie geben diesen Reiz als Nervensignal ans Gehirn weiter. Wird die Drehbewegung gestoppt, verbiegt die träge Flüssigkeit die Sinneshärchen in die andere Richtung. Dadurch nehmen wir Änderungen der Drehgeschwindigkeit (Beschleunigung oder Abbremsen) wahr.
Jeder der drei Bogengänge ist für eine bestimmte Bewegungsrichtung des Kopfes zuständig: Jeweils einer registriert, wenn der Kopf
- nach oben oder unten geneigt,
- nach rechts oder links geneigt oder
- seitwärts gedreht wird.
Wofür sind die Vorhofsäckchen zuständig?
Die Vorhofsäckchen messen Geschwindigkeitsänderungen in gerader Richtung – zum Beispiel, wenn man fällt, mit dem Fahrstuhl fährt oder im Auto losfährt oder abbremst. Die Sinneshärchen in den beiden Säckchen sind in eine gelartige Membran eingebettet, die kleine Kristalle (Otolithen) enthält. Durch die Bewegung des Körpers bewegt sich auch die Membran – und mit ihr die Sinneshärchen, die diesen Reiz an das Gehirn weiterleiten.
Jeweils eines der Säckchen informiert das Hirn darüber, wenn der Körper sich
- nach vorn, hinten oder zur Seite oder
- nach oben oder unten bewegt.
Wie nutzt der Körper die Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan?
Die Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan werden im Gehirn verarbeitet und an andere Organe weitergegeben, die auf diese Informationen angewiesen sind, zum Beispiel an die Augen, die Gelenke oder die Muskeln. Dadurch können wir unseren Körper im Gleichgewicht halten und uns im Raum orientieren.
In bestimmten Situationen, etwa auf einem Schiff oder im Flugzeug, gelangen von verschiedenen Sinnesorganen widersprüchliche Informationen ans Gehirn: Zum Beispiel meldet das Gleichgewichtsorgan eine Schieflage, das Auge aber nicht, weil es sich am Inneren des ebenfalls schief liegenden Schiffes orientiert. Dadurch kann es zu Unwohlsein, Schwindel oder Übelkeit kommen.
Während das Gleichgewichtsorgan bei Kindern besonders sensibel ist, reagiert es mit zunehmendem Alter nicht mehr so schnell auf Bewegungen. Zudem können Probleme wie Infektionen im Innenohr den Gleichgewichtssinn beeinträchtigen.
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